FBI arbeitet an neuem Anti-Terrorsystem

Das FBI will mit der STAR-Datenbank (System to Assess Risk) eine weitere Data-Mining-Lösung zur Einschätzung des terroristischen Gefährdungspotenzials insbesondere ausländischer Verdächtiger aufbauen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 143 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Das Federal Bureau of Investigation (FBI), die Ermittlungsabteilung des US-Justizministeriums, will zur besseren Verhinderung terroristischer Anschläge in den USA ein weiteres Spezialsystem einrichten. Das entsprechende "System to Assess Risk" (STAR) soll nach US-Medienberichten eine zusätzliche Data-Mining-Lösung zur Einschätzung des terroristischen Gefährdungspotenzials insbesondere ausländischer Verdächtiger darstellen. Dies geht aus einem Bericht hervor, den das US-Justizministerium am gestrigen Dienstag dem US-Kongress nach der Verlängerung des umstrittenen Patriot Act ("Provide Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism") übersandt hat.

STAR wird demnach momentan von einer Arbeitsgruppe des FBI zur Verfolgung ausländischer Terroristen entwickelt. Deren Ziel ist es, terroristische "Gefährder" nach der Einreise in die Vereinigten Staaten im Auge zu behalten. Der Risikowert einer entsprechenden Person soll dabei unter anderem grundlegend davon abhängen, ob ihr Name bereits in einer anderen Anti-Terrordatei gelistet ist. Weitere Einflussgrößen können etwa das Herkunfts- beziehungsweise Geburtsland eines Reisenden sein. Namen Verdächtiger sollen von STAR dann mit einem "Datenmarkt" des FBI abgeglichen werden, der öffentliche und als geheim gekennzeichnete staatliche Informationen enthält. Die Daten können dabei unter anderem aus der Regierung, von Fluglinien oder kommerziellen Anbietern wie ChoicePoint stammen. In einem zweiten Schritt sollen die Namen mit einer zentralen Datenbank zur Überwachung von Terroristen, einer Einreise-Datei sowie Informationen über Adressen, Telefonnummern und Führerscheine des Brokers Accurint abgeprüft werden.

Zugang zu STAR, das noch gesondert auf seine Verträglichkeit mit Datenschutzregeln geprüft werden soll, werden dem Ministeriumsbericht zufolge nur geschulte Nutzer haben. Alle genutzten Daten sollen zudem rechtmäßig erworben werden. Es sei nicht vorgesehen, die Ergebnisse an weitere Behörden oder sonstige Dritte weiterzugeben. Das Vorhaben hat trotzdem rasch Bedenkenträger auf den Plan gerufen. "Die Bush-Regierung hat den Gebrauch dieser Technik zum Sammeln und Durchchecken der sensitivsten persönlichen Informationen der Amerikaner – oft geheim – ausgeweitet", monierte etwa der Demokrat Patrick Leahy, Vorsitzender des Rechtsausschusses des US-Senats. David Sobel von der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) kritisierte, dass das System von potenziell unzuverlässigem Datenmaterial abhänge. Damit dürfte es auch schwer werden, die Effizienz der Lösung zu beurteilen.

Öffentlich gemacht hat der Report zudem, dass das FBI bereits mindestens fünf andere Data-Mining-Programme laufen hat. Diese sollen sich auf Identitätsdiebstahl, Missbrauch des Gesundheitswesens, Betrügereien durch Online-Apotheken, Schacher mit Immobilien und Versicherungsbetrug beziehen.

Aufgebaut hat die US-Behörde bereits ein "Investigative Data Warehouse" (IDW) mit über 659 Millionen Datensätzen nebst Stichwort-Suchfunktionen. 250 Millionen davon sollen von Fluggästen stammen. Der US-Zoll betreibt das milliardenschwere "US-VISIT"-System, in dem die biometrischen Daten aller Einreisenden gespeichert werden. Die US-Flugaufsichtsbehörde TSA (Transportation Security Administration) pflegt die bislang wenig erfolgreiche Datenbank Secure Flight, die Ende 2004 von der US-Regierung als Ersatz für das gescheiterte Vorgängerprojekt CAPPS II eingeführt worden.

Für weite Empörung sorgte in den USA das Überwachungsprogramm "Total Information Awareness" (TIA) des Pentagon. Das US-Verteidigungsministerium wollte damit gigantische Datenmengen aus Beständen der Regierung und der Wirtschaft zusammenführen und nach Hinweisen auf terroristische Planungen hin untersuchen. Nach einem Enthüllungsbericht der New York Times im Jahr 2002 beerdigte die Bush-Regierung das Vorhaben offiziell. Die wichtigsten Teile davon werden laut Medienberichten aber von Geheimdiensten unter neuen Decknamen mit immer gleichen Kooperationspartnern aus der Wirtschaft weiterentwickelt.

Eine bislang beispielslose Datensammlung verfolgt auch das Forschungsprogramm ADVISE (Analysis, Dissemination, Visualization, Insight, and Semantic Enhancement) des Department of Homeland Security (DHS). Ziel ist es, ähnlich wie bei STAR öffentliche und privatwirtschaftliche Informationen von Finanzdaten bis hin zu Medienberichten zu vereinen, mit Datenbanken der US-Sicherheitsbehörden abzugleichen und zu Projektdateien zu vereinigen. Experten zufolge sind die Datenabgleichmethoden aber ungeeignet, um Attentäter zu fangen. "Diese Programme basieren auf dem gefährlichen Mythos, dass Terroristen einem bestimmten Profil entsprechen und wir sie aus einer Menge herauspicken können, wenn wir nur alle Leute darin identifizieren", warnt der Sicherheitsberater Bruce Schneier. (Stefan Krempl) / (jk)