CES: Von Microsoft-Boxkämpfen und Software-Konkurrenten

Für Microsoft-Gründer Bill Gates stellt Google eine geringere Herausforderung dar als der IT-Riese IBM. Doch auf dieser CES deutet sich an, dass der Suchmaschinenhersteller den Redmondern weiter in die Quere kommen könnte.

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Microsoft-CEO Steve Ballmer ließ sich auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas nicht die Gelegenheit nehmen, zum Abschluss der Präsentationsveranstaltung seines Softwarekonzerns einen virtuellen Boxkampf mit seinem Kompagnon Bill Gates auf einer Xbox 360 zu liefern. Vom Box-Experten Al Bernstein wurde Ballmer als "Prince of Productivity", "Motor City Hit Man" und – im Gedenken an eine frühere Hauptstrategie des Unternehmens – als "Sultan of Security" angekündigt, was dieser mit einem "Yeah, Baby!" kommentierte. Trotz aller Bedenken Bernsteins, hier treffe ein "Schwergewicht" auf einen Mittelgewichtler, streckte Gates als Muhamad Ali Ballmer alias Joe Frazier mit einem virtuellen K.O.-Schlag nieder.

Darüber mögen sich Beobachter amüsiert haben, enttäuscht könnten einige von ihnen darüber sein, was Gates in den vielen Minuten zuvor zum Besten gab und mit Hilfe von Mitstreitern an neuen Produkten aufbot: ein Externes HD-DVD-Laufwerk für die Xbox 360, eine Musikplattform in Kooperation mit MTV und Schnurlostelefone für den kommenden Windows Live Messenger. Dagegen gab es keineswegs eine von einigen erwartete gebrauchsfertige Version des Windows Media Player 11 – immerhin wurden einige geplante Funktionen bekannt. Ansonsten breitete Gates seine Vision darüber aus, wie das Leben in der "Digital Decade" mit Windows Vista aussehen könnte.

Wer also gedacht hatte, Microsoft könne auf der CES versuchen, Google die Show zu stehlen, lag falsch. Wie von US-Medien übermittelt, hält Bill Gates die vielerorts heraufbeschworene Erzgegnerschaft zum Suchmaschinenanbieter ohnehin nur für ein Phantasieprodukt der Presse. Vielmehr sieht Chief Software Architect Gates den IT-Riesen IBM als eine größere Herausforderung für sein Unternehmen an, da dieser über mehr Mitarbeiter verfüge und mehr Umsatz generiere, doch sei Big Blue ein weniger attraktives Thema für Journalisten.

In der Tat haben sich Zeitungen wie das Wall Street Journal oder die Los Angeles Times auf die Gerüchte gestürzt, die um die morgige CES-Keynote des Google-Mitgründers Larry Page aufköcheln. In ihnen geht es um kostenpflichtige Video-Downloads und ein Softwarepaket sowie um Hardware in Form eines PC mit Software aus dem Hause des Suchmaschinenanbieters, der sich immer mehr zu einem Aktien-Schwergewicht entwickelt.

Doch auch wenn Gates die Konfrontation mit Google herunterspielt, scheint es so, dass beide Unternehmen nahezu mit jedem Schritt in neue Geschäftsbereiche in ein bereits von dem Konkurrenten beackertes Feld tappen. Jüngstes Beispiel ist das "Voip 433 Dual Phone", das bei der Bedienung der Internettelefonie-Funktionen im geplanten Windows Live Messenger helfen soll. Und da Microsoft bislang 200 Millionen MSN-Messenger-Nutzer hat, dürfte Google der Gedanke nicht behagen, dass die Redmonder das Potenzial zum weltgrößten VoIP-Anbieter haben. Google bietet seit vergangenen August Messaging-Dienste an, mit denen auch IP-Telefonie möglich ist.

Im Streit um einen ehemaligen Microsoft-Manager und im Bietergerangel um eine Beteiligung an AOL haben die Redmonder und der populärste Suchmaschinenanbieter jüngst direkt die Klingen gekreuzt. Bei AOL konnte Google die Oberhand gewinnen, was darauf hindeutet, dass zumindest das AOL-Mutterunternehmen Time Warner dem neuen Partner mehr Fähigkeiten zutraut als lediglich ein "Hype" oder ein "Liebling der Journalisten" zu sein. Bill Gates hingegen würde wohl dazu raten, abzuwarten, ob Google wirklich in der Lage ist, die hohen Erwartungen in Geschäfte jenseits des Suchmaschinenmarkts zu erfüllen – oder, um zur Sprache des Box-Experten zurückzukommen, sich als "Leichtgewicht" erweist.

Zur Consumer Electronics Show 2006 in Las Vegas siehe auch: