BMW verknüpft das Getriebe mit der Navigation
Die prädiktive Antriebssteuerung auf Grundlage von Navigationsdaten ist bei Nutzfahrzeugen bereits in Serie. Nun führt BMW den Vorschauassistent ein, der dem Automatikgetriebe die Augen öffnet
- Gernot Goppelt
München, 17. September 2012 – Das Thema der „prädiktiven Antriebssteuerung“ kam mit der Hybridisierung der Antriebe auf: Wenn man schon die Möglichkeit hat, in Schubphasen Energie zu rekuperieren, wäre es doch eine gute Idee, mithilfe von Navigationsdaten die Rekuperationsphasen zu planen, oder? So kann man zum Beispiel die nächste Steigung mit hohem Einsatz elektrischer Energie erklimmen, wenn danach eine längerer Abfahrt folgt, in der wieder Strom erzeugt wird. Bei der Getriebesteuerung gibt es so etwas schon – die „vorausschauende Getriebesteuerung“ wird zum Beispiel bei Lkws von Daimler, Volvo oder Scania eingesetzt und sorgt dort für geringeren Verbrauch. Und nun bringt mit BMW erstmals ein Pkw-Hersteller eine ähnliche Technik auf den Markt – wenn auch BMW-typisch möglichst frei von Bevormundung.
Vorausschauend schalten
„Das Automatikgetriebe bekommt Augen“ heißt es bei BMW. Denn das Antriebsmanagement nutzt Streckendaten des Navigationssystems, um die Getriebesteuerung an bevorstehende Fahrsituationen anzupassen. So „weiß“ das Getriebe beispielsweise, wenn weiter vorne eine Kurve kommt, in der man die Geschwindigkeit verringern wird. Die Getriebesteuerung schaltet daraufhin selbsttätig herunter, damit man den richtigen Gang eingelegt hat, um wieder spontan aus der Kurve herausbeschleunigen zu können. Damit wird eine uralte Schwäche von Automatikgetrieben behoben, nämlich die Unfähigkeit, auf eine entstehenden Situation einzugehen, wie es ein Mensch mit dem Schalthebel macht. Das BMW-System kann aber nicht nur vorsorglich schalten, sondern auch überflüssige Schaltvorgänge vermeiden: Wenn es zum Beispiel mithilfe der Navigationsdaten erkennt, dass in einer langgezogenen Doppelkurve ein Schaltvorgang eigentlich überflüssig ist, unterlässt das Getriebe hektisches Rühren im Getriebe. Und schließlich reagiert die Steuerung auf das Schalten des Blinkers, weil damit bekannt ist, dass der Fahrer bei nächster Gelegenheit abbiegt. Kurz: Die Navigationsdaten befähigen die Getriebesteuerung, ähnlich vorausschauend zu schalten, wie es ein Mensch tun würde – vielleicht sogar noch ein bisschen besser.
BMW verknüpft das Getriebe mit der Navigation (3 Bilder)

Neu in "Eco Pro" sind die vorusschauenden Funktionen - zum Beispiel erhält man nun Tipps, um rechtzeitig die Geschwindigkeit zu reduzieren.
Ein wenig kann dieses Verfahren sicherlich auch Kraftstoff sparen helfen, auch wenn BMW vor allem die fahrdynamischen Vorteile beschreibt, Ehrensache. Es leuchtet zum Beispiel ein, dass man durch ein vorausschauendes Herunterschalten die Radbremsen entlasten kann und dabei die Phasen der Schubabschaltung oder sogar der Rekuperation verlängert. Dies steht bei der BMW-Lösung allerdings nicht so sehr im Vordergrund, wie es bei den prädiktiven Systemen der Nutzfahrzeuge von Daimler und Co., bei denen umgekehrt fahrdynamische Überlegungen natürlich keine Rolle spielen. Es würde der Philosophie von BMW stark widersprechen, derart stark in das Schaltverhalten einzugreifen, dass das Sparvorhaben spürbar wird und als Bevormundung empfunden werden könnte.