Wiener Ärzte drohen mit Ausstieg aus Gesundheitskarten-System

Als "No-Go-Card" bezeichnete die Wiener Ärztekammer die österreichische Gesundheitskarte e-card.

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Als "No-Go-Card" bezeichnet die Wiener Ärztekammer die österreichische Gesundheitskarte e-card. Nach Darstellung der aufgebrachten Mediziner sei das System "komplett überlastet, was durch genaue technische Aufzeichnungen klar belegbar ist". Regelmäßige Ausfälle und mangelhafter Support hätten die Ärzte bereits hunderttausende Euro gekostet. Nun wird eine Pauschale von 500 Euro pro Vertragsarzt vor der Wiener Landesschiedskommission eingeklagt. Diese ist in erster Instanz für Konflikte zwischen Ärzten und Sozialversicherungen zuständig. Die Zeitung Kurier berichtet, dass die Ärzte überhaupt aus dem e-card-System aussteigen wollen. "Die Landesschiedskommission möge feststellen, dass keine rechtliche Verpflichtung der Wiener Vertragsärzte besteht, das System der eCard zu verwenden", heißt es demnach im Antrag.

Walter Dorner, Präsident der Wiener Ärztekammer, ist verärgert: "Die panikartigen nächtlichen Updates des Hauptverbands bringen der Wiener Ärzteschaft jeden Morgen ein böses Erwachen. Bei Ordinationsbeginn funktioniert gar nichts, die Leitungen und die GINA-Box sind bis zu zwei Stunden tot. Die Wiener Ärzteschaft ist verzweifelt und möchte endlich mit einem funktionierenden System arbeiten." Durch mit verärgerten Patienten überfüllte Wartezimmer, stundenlange Telefonate der Ordinationshilfen "mit einer komplett überforderten Hauptverbands-Hotline" und notwendige Einsätze privater Techniker wären die hohen Kosten entstanden. Da die Krankenkassen den Einsatz der e-card wünschen, sollten sie außerdem die Providerkosten von 120 Euro pro Quartal und Anschluss übernehmen. Dorner kritisiert die "maßlose Arroganz" des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, der sich in Ausreden verliere und die Ärzte "als EDV-Trotteln darzustellen" versuche.

Hauptverbands-Generaldirektor Josef Kandlhofer ortet gegenüber dem Kurier "Maschinenstürmer" unter den Ärzten und betont den gesetzlich vorgeschriebenen Einsatz der e-card. In einer Aussendung werden die Probleme als "maßlos übertrieben" bezeichnet. Die Schuld liege bei neun von 53 Arzt-Softwareherstellern, die "bei ihren Kunden die e-card-Software offenbar nicht ordentlich implementiert" hätten. Kandlhofer hält einen Ausstieg für "nicht möglich, weil es ja keinen Krankenschein mehr gibt."

Dass es doch ohne e-card geht, beweisen 13 der 18 für Lehrer, Landes- und Gemeindebedienstete zuständigen Versicherungen (Krankenfürsorgeanstalten, KFA). Sie haben die Einführung der e-card für ihre Versicherten bisher aus Kostengründen verweigert. Die e-card sei der Ersatz für den Krankenschein – und da es bei diesen KFA keine Krankenscheine gegeben habe, sei auch kein Ersatz notwendig, so die Argumentation. Nach wie vor begleichen die KFA-Patienten die Honorare selbst und erhalten dann entsprechende Rückerstattungen.

Die Wiener Gebietskrankenkasse weist darauf hin, dass die Vertragsordinationen bereits eine "EDV-Prämie" von 727 Euro und die Wiener Kassenärzte zusätzlich 225 Euro "EDV-Zuschuss" erhalten hätten. Sie ersucht die Ärzte, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Jene 73 österreichischen Ärzte, die den Einsatz der e-card verweigern, sollen jedoch alsbald von den Kassen kein Geld mehr bekommen. Die Wiener Ärztekammer rät ihnen, die Honorare vor Gericht einzuklagen, da die Chancen für einen Erfolg hoch seien.

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(Daniel AJ Sokolov) / (jk)