Elektronische Gesundheitskarte: Karten-Spezifikationen vollständig veröffentlicht

Nunmehr ist eine wichtige Voraussetzung erfüllt, dass die Gesundheitskarte und die Lesegeräte für die ersten Labortests und Hackertests überhaupt produziert werden können.

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Von
  • Detlef Borchers

Nicht nur in Österreich tut sich etwas im medizinisch-telematischen Gesundheitswesen: Mit der nun erfolgten Veröffentlichung der allgemeinen Definitionen für das sichere Chipkarten-Terminal und das eigentliche eHealth-Terminal sind zusammen mit den bereits am Wochenende herausgegebenen Details zum Aufbau der Gesundheitskarte die Spezifikationen komplett.

Damit ist eine wichtige Voraussetzung erfüllt, dass die Karte und die Lesegeräte für die ersten Labortests und Hackertests überhaupt produziert werden können. Auch für die Regionen, die am 24. November 2005 ihre Bewerbungen als offizielle "10.000er-Testregion" abegegeben hatten, sind die Spezifikationen wichtig. Wenn Mitte Januar 2006 bekannt wird, wer den Zuschlag als Beta-Tester erhält, müssen die Karten schnell produziert werden können, damit der ehrgeizige Zeitplan eingehalten werden kann. Er sieht vor, dass bereits im Frühjahr 2006 erste Ergebnisse aus den Testregionen zurückfließen.

Neben den auf der Medica bereits gezeigten Heilberufsausweisen der Ärzte und Apotheker und den jetzt vollständigen Spezifikationen für Patientenkarten und Terminals müssen freilich noch die VPN-Konnektoren für die Praxen und Apotheken produziert werden. Im Unterschied zu den österreichischen GINA-Boxen, die praktisch komplette kleine Linux-Computer sind, die mit VGA-Anschluss und USB-Ports sowie einer LAN-Verbindung zum Kartenlesegerät auch in Praxen eingesetzt werden können, die über gar keinen PC verfügen, gehen die deutschen Konnektoren von einem LAN aus, in dem sich Arzt/Apotheker- und Patientenkarten gegenseitig authentifizieren.

Auch was die Leistungsfähigkeit der Rechenzentren anbelangt, die hinter den Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken die Datenströme der elektronischen Gesundheitskarte steuern, ist noch viel Arbeit zu erwarten. Bislang gibt es wenig mehr als die Einschätzung von IT-Experten, die "Pi mal Daumen" für Deutschland von einer Installation ausgehen, die um den Faktor Sieben größer als das österreichische System ausfällt, das auf 10 Millionen Karten ausgelegt ist. Herzstück des österreichischen Systems sind zwei Rechenzentren, die – anders als nach früheren Informationen zu vermuten – in verschiedenen Bezirken von Wien stehen und über mehrere Glasfaserleitungen miteinander verbunden sind. Jedes Rechenzentrum arbeitet mit einem IBM eServer mit 96 Prozessoren, der als 34 logische Server partitioniert ist und 10 Terabyte Plattenplatz verwaltet. Die Server verarbeiten derzeit unter AIX 5.3 mit Oracle 8 täglich 300.000 bis 400.000 Zugriffe der angeschlossenen Ordinationen. Am vergangenen Montag, als Journalisten die Infrastruktur besichtigen konnten, erzielte das System einen neuen Rekord mit 450.000 Zugriffen.

Zur schrittweisen Einführung der deutschen elektronischen Gesundheitskarte in den Testregionen gibt es viel Fachlektüre, aber nur wenig Material, das die Betroffenen aufklärt. Besonders die Krankenkassen, die die Gesundheitskarten ausliefern müssen, halten sich auffällig zurück. Diesem Missstand will das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) mit einer kleinen Broschüre begegnen, die über die Gesundheitskarte aufklärt und als PDF auf der Website der Organisation erhältlich ist. Die Broschüre erklärt auf 50 Seiten die Gesundheitskarte, ihren Zweck und ihre Sicherheit. Außerdem erläutert sie, wer welches Interesse an der Einführung dieser Gesundheitskarte hat, die immerhin das derzeit größte IT-Projekt der Welt ist.

Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)