ARM Cortex-A15 schlägt Intel Atom

Die ersten Produkte mit Samsungs Exynos 5 zeigen, dass die jüngsten ARM-Cores Intels Atom überlegen sind. Verzögerungen in der Atom-Roadmap schwächen Intels Position zusätzlich.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 270 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Samsung Exynos 5: Zwei Cortex-A15-Kerne, ARM-GPU Mali T-604 und zahlreiche leistungsfähige Schnittstellen. 32-nm-Fertigung mit HKMG.

(Bild: Samsung)

Googles neues Chromebook und das zum Kampfpreis angekündigte Android-Tablet Nexus 10 sind die beiden ersten Geräte mit Cortex-A15-Kernen des britischen CPU-Entwicklers ARM. Benchmark-Vergleiche belegen, dass diese A15-Kerne bei ähnlicher Taktfrequenz schneller rechnen als Intels aktueller Atom. Damit setzt ARM den Prozessor-Weltmarktführer noch stärker unter Druck, denn der Markt der IT-Hardware wächst zurzeit nur bei Smartphones und Tablets – bei Notebooks, Desktop-PCs und Servern ging es zuletzt bergab. Zurzeit hat man den Eindruck, Intel könne seinen Vorsprung bei der Fertigungstechnik nicht in handfeste Vorteile bei der Atom-Familie ummünzen. Genau das war aber der Plan zum Angriff auf ARM.

Für Tablets und Smartphones kann Intel bisher aber bloß einige wenige System-on-Chip-Versionen des Atom liefern (SoC), nämlich Z2460, Z2480 und Z2760. Die ersten haben jeweils nur einen Kern und stecken etwa im Motorola Razr i, letzterer sitzt in vorerst allen Windows-8-Tablets mit Connected Standby. Windows-RT-Tablets sind hingegen mit ARM-SoCs von Nvidia (Tegra 3 T30) oder Qualcomm (Snapdragon S4) bestückt, deren Kerne aber noch zur Generation Cortex-A9 gehören beziehungsweise im Falle des Snapdragon S4 (Krait) etwas verbessert wurden.

Solchen ARMv7-Kernen ist ein Atom-Core in der Single-Thread-Performance überlegen, zumal Intels Einzelkern bei vergleichbarer Leistungsaufnahme bis zu 2 GHz Taktfrequenz schafft. Ein Vergleich mit Apples A6 – mit aufgebohrter Mikroarchitektur ARMv7s – fällt schwer, weil die Code-Optimierung eine große Rolle spielt und kein x86-Chip unter iOS läuft. Der Single-Thread-JavaScript-Benchmark Sunspider 0.9.1 zeigt den A6 mit weniger als 1,1 GHz unter iOS jedenfalls weit vor dem Atom Z2480 mit fast doppelter Taktfrequenz unter Android. Microsoft hat bei Windows 8 den Standard-Browser Internet Explorer 10 (IE10) anscheinend enorm für JavaScript optimiert, denn obwohl der zweite Kern im Sunspider nichts bringt, ist der etwas niedriger getaktete Atom Z2760 hier deutlich schneller als der Z2480 unter Android -- und dann auch schneller als der Apple A6 unter iOS. Auch die ARM-Cores absolvieren den Sunspider-Benchmark im IE10 viel schneller als unter Android.

Sunspider-Vergleich
CPU Takt/Kerne Betriebssystem Browser Gerät Sunspider 0.9.1
Exynos 5 (Cortex-A15) 1,7 GHz / 2 Chrome OS Chrome Chromebook X3 691 ms
Atom Z2760 1,8 GHz / 2 Windows 8 IE10 Asus VivoTab 713 ms
Atom N2600 1,6 GHz / 2 Windows 8 IE10 Asus Eee PC 837 ms
Apple A6 (ARMv7s) 1,1 GHz / 2 iOS 6 Safari iPhone 5 926 ms
Tegra 3 (Cortex-A9) 1,3 GHz / 4 Windows 8 IE10 Microsoft Surface 981 ms
Exynos 5 (Cortex-A15) 1,7 GHz / 2 Android 4.2 Dolphin Nexus 10 1010 ms
Atom N570 1,66 GHz / 2 Chrome OS Chrome Chromebook 1034 ms
Atom Z2480 2,0 GHz / 1 Android 4.0.4 Android Motorola Razr i 1069 ms
Atom N2600 1,6 GHz / 2 Windows 8 Chrome Asus Eee PC 1338 ms
Exynos 5 (Cortex-A15) 1,7 GHz / 2 Android 4.2 Chrome Nexus 10 1420 ms
Exynos 4 (Cortex-A9) 1,4 GHz / 4 Android 4.0.4 Android Galaxy S3 1422 ms
Werte für Chromebooks und Microsoft Surface von Anandtech.com

Anand Shimpi von Anandtech.com hat derweil schon das neue Chromebook mit Samsung Exynos 5, also Cortex-A15, sowie Chrome OS testen können. Chrome unter Chrome OS verdaut JavaScript anscheinend sehr viel schneller als unter Android 4.2, wie ein Sunspider-Vergleich mit dem Nexus 10 zeigt. Bei letzterem ist schon der Dolphin-Browser rund 40 Prozent schneller als der Standard-Chrome.

Alles in allem – und angesichts weiterer Benchmarks von Anandtech.com – zeigt sich, dass der Cortex-A15 bei ähnlicher Taktfrequenz pro Kern deutlich mehr Rechenleistung liefert als ein Atom der 32-nm-Generation. Laut Anandtech beträgt aber die Leistungsaufnahme unter Volllast beim Chromebook mit Exynos 5 rund 75 Prozent dessen, was jenes mit Atom N570 dann schluckt; für letzteren nennt Intel 8,5 Watt TDP. Der Atom Z2760 könnte mit 1,7 Watt TDP sogar sparsamer sein als der Exynos 5.

Der Vergleich der Chromebooks zeigt eine vergleichsweise hohe Leistungsaufnahme des Atom N570 im Leerlauf, doch das hat Intel beim Atom Z2760 nach ersten Messungen an einem Windows-8-Tablet gelöst: Der S0ix-Betriebsmodus sorgt für Idle-Laufzeiten wie mit ARM-Technik.

Mit Cortex-A15-SoCs wie dem Exynos 5, dem kommenden TI OMAP5 oder dem erwarteten Nvidia Tegra 4 könnte sich die Situation umkehren: Dann hätte Intel zwar den sparsameren, aber langsameren Tablet-Chip. Für Smartphones sind die ersten Cortex-A15-Inkarnationen wegen ihrer vergleichsweise hohen Volllast-Leistungsaufnahme wohl ungeeignet; vermutlich ist das mit ein Grund, weshalb Apple mit dem A6 und Qualcomm mit Krait eigene Wege gehen.

Intel hatte wohl eigentlich geplant, in diesen Monaten erste 22-nm-Atom-SoCs mit Silvermont-Mikroarchitektur zu liefern, die vermutlich dank Out-of-Order-Execution pro Taktzyklus mehr leisten als ihre noch aktuellen Vorgänger. Auch die GPU ist angeblich völlig neu. Doch das Valleyview-SoC (Bay Trail) als Nachfolger von Cloverview (Clover Trail, also Z2760) wird nun erst Ende 2013 erwartet. Schon deutlich vorher könnten Windows-RT-Tablets mit Cortex-A15-Chips erscheinen.

Wenn Intel aber bloß den zweitschnellsten Tablet-Chip liefern kann, kommt CEO Paul Otellini in Erklärungsnöte. Sein Unternehmen hatte stets die hohe Performance der x86-SoCs hervorgehoben. Als Argument unter Windows 8 bleibt dann bloß noch die Kompatibilität mit x86-Software – ein wichtiger Punkt, der aber mit jeder neuen, attraktiven Metro-App an Bedeutung verliert. Intel bleibt die Option, mit einer höher getakteten Clover-Trail-Version den Abstand zum Cortex-A15 zu verkürzen, es scheint ja Luft bei der TDP zu geben. (ciw)