Verschwunden unter dem Mantel der Geschichte: Der erste Pkw-Dieselmotor von Peugeot

Arrested Development

Es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass sich die Motorisierung schneller entwickelt hätte, wäre sie nicht durch den zweiten Weltkrieg massiv zurückgeworfen worden. Ein gutes Beispiel für die damalige Modernität ist Peugeots erster Pkw-Dieselmotor

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Von
  • Florian Pillau
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München, 23. Juli 2013 – Die Motorisierung hätte sich schneller entwickelt, wäre sie nicht durch den zweiten Weltkrieg massiv zurückgeworfen worden: Zwischen Ende der 30er- und Mitte der 50er-Jahre klafft ein riesiges Loch. Aber auch der Fortschritt war deutlich gebremst. Ein gutes Beispiel für die damalige Modernität ist Peugeots erster Pkw-Dieselmotor. Ähnlich konstruierte Selbstzünder waren bis in die 90er-Jahre die am weitesten verbreiteten Pkw-Dieselmotoren. Dieser potenziell bahnbrechende Motor ist allerdings wegen der deutschen Aggression nur ein paarmal verkauft worden.

Potenziell bahnbrechend

Vor 75 Jahren debütierte Peugeots erster Pkw-Dieselmotor. Der selbst entwickelte 40 kW/55 PS starke 2,3 Liter-Vierzylinder-Selbstzünder war bereits 1936, also zeitgleich mit dem Daimler-Motor, auf dem Pariser Salon vorgestellt worden – allerdings nicht in einem Pkw, sondern im Transporter MK4. Erst zwei Jahre nach dem Mercedes 260 D erschien Peugeots Diesel auch in einer Limousine. Er war deutlich kräftiger und steckte in einem aufsehenerregend modernen Auto, neben dem der konservative Mercedes schon damals wie von gestern wirkte. Träger der damals revolutionären Technik war der amerikanisch-stromlinienförmige 402, Sie wissen schon: Der mit den vergitterten Scheinwerfern.

Ja, damals gab es auch Toaster in aerodynamischer Form und andere Albernheiten, aber Peugeot stand für avantgardistisches Design, noch vor Citroën. Der 402 war eine Modellfamilie mit 16 Karosserievarianten, darunter Limousinen, Kombis und Transportern. Alle Autos zeichneten so moderne Details wie versenkte Türgriffe, Sicherheits-Zapfenschlösser, eine Zwölf-Volt-Anlage und optional auch ein automatisches "Cotal"-Getriebe mit elektromagnetischer Vorwahl aus. Die Cabrio-Version mit dem absolut passenden Namen "Eclipse" wurde mit dem weltweit ersten elektrisch versenkbaren Metallklappdach ausgeliefert.

Schon damals mit Wirbelkammer und Glühkerze

Der 2,3 Liter-Vierzylinder-Selbstzünder arbeitete als HL 50 mit 55 PS bei 3250/min in den Diesel-Versionen des 402. Der mit 120 mm Hub und 78 mm Bohrung sogar für Diesel-Verhältnisse langhubig ausgelegte Motor hat eine fünffach gelagerte Kurbelwelle aus Chromnickelstahl mit angeschraubten Gegengewichten und eine hoch liegende, von einer Duplexkette angetriebene Nockenwelle. Die hängenden Ventile werden über kurze Stößelstangen per Kipphebel betätigt. Die Kolben tragen vier Verdichtungsringe und einem Ölabstreifring.