Arrested Development

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Der Motor zeigt zudem bereits die kugelförmigen Wirbelkammern, wie sie von fast allen Herstellern bis zur Einführung der Direkteinspritzung beibehalten wurden. Daimler ging mit seinen von l'Orange entwickelten Vorkammern bis zuletzt einen Sonderweg. Die Wirbelkammern gehen zurück auf ein Patent des Motorenentwicklers Sir Harry Ricardo und waren bereits Konstruktionsmerkmal des Dieselmotors der Citroën "Rosalie" von 1933. Im Gegensatz zu diesem und zu allen modernen Motoren war diese "coupelle isolee" genannte Brennkammer bei Peugeot noch wartungsfreundlich eingeschraubt. Sie gab dem Motor einen weichen Lauf und die für Pkw nötige Drehzahlfestigkeit. In ihnen die damals brandneuen Glühkerzen für einen schnellen Start auch bei niedriger Außentemperatur. Bemerkenswert ist die relativ geringe Verdichtung mit 17:1. So niedrige Werte bemüht man sich gerade erst wieder zu erreichen – im Interesse niedriger Verbrennungstemperaturen und damit gesenkter Stickoxidemissionen. Interessant: Peugeot gab die Leerlaufdrehzahl mit lediglich 300/min an, das ist weniger als die Hälfte heutiger Diesel-Leerlaufdrehzahlen. Die Reiheneinspritzpumpe mit Unterdruckregelung war ein Bosch-Patent, der Abspritzdruck der Einspritzventile (vulgo: "Einspritzdüsen") waren von außen einstellbar, eine wartungsfreundliche Eigenheit, die Peugeot noch bis in die 90er-Jahre beibehielt.

"Eigens konstruiert, geplant und konzipiert"

Gegenüber dem Ottomotor gab Peugeot für den HL 50 genannten Motor 33 Prozent Effizienzgewinn an. Zum Vergleich: Daimlers Diesel im 260 D von 1936 leistete 33 kW/45 PS aus zwei Litern Hubraum und war laut Hersteller 38 Prozent sparsamer als ein vergleichbarer Ottomotor. Aber was ist schon vergleichbar: Peugeot legte damals viel Wert auf die Feststellung, der HL 50 sei "kein an einen Schwerölbetrieb angepasster Benzinmotor, sondern ein für den Schwerölbetrieb eigens konstruierter, geplanter und konzipierter Motor, der aber ebenso ruhig und regelmäßig läuft wie ein Benzinmotor". Mit allen modernen Details war der Diesel 225 kg schwer. Klingt viel und ist es auch angesichts der Leistungen moderner Diesel. Sie wiegen bei gleichem Hubraum zwar kaum weniger, leisten aber das Dreifache.

Nur der Zweite Weltkrieg verhindert die Großserie des 402 Diesel, denn die deutschen Besatzer ließen bei Peugeot den 402 für die Wehrmacht fertigen, darunter auch etwa 12.500 Transporter auf 402-Basis. Dennoch werden bis 1940 rund 1000 Peugeot 402 Diesel ausgeliefert und vor allem als Taxi eingesetzt. Bis heute überlebt hat angeblich lediglich ein Exemplar.

Weltweit größter Produzent von Diesel-Pkw

Der erste französischen Großserien-Diesel wurde wegen des zweiten Weltkriegs erst 1959 der Peugeot 403. Sein 1,8 Liter-Motor hatte schon einen Zylinderkopf aus Aluminium. Bereits im ersten Verkaufsjahr ist der 403 Diesel das populärste Pariser Taxi und auch die Diesel-Kombis (französisch "break und familiale", je nach Zahl der Sitzplätze) sind Trendsetter. Zum ersten Produktionsmillionär wird die französische Heckflosse, der Peugeot 404, einerseits wegen seiner legendären Haltbarkeit, andererseits auch wegen seiner ebenso sparsamen wie schnellen Selbstzünder. Bald wird Peugeot der größte Produzent von Diesel-Pkw.