Sturm und Drang

Porsches 911-Topmodell bekommt 560 PS. Der Turbo S beherrscht vieles zwischen zahm und brachial ziemlich gut. Wir konnten den Sportwagen auf der Rennstrecke Bilster Berg ausloten.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Matthias Nauman
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Bilster Berg, 26. August 2013 – Linkskurve, Rechtskurve, danach geht‘s runter, dabei stark einlenken nach links. Gleich darauf eine Steigung mit Kuppe in der Mitte, anschließend eine scharfe Rechtskurve. Kurzes Beschleunigen, dann gleich wieder fest auf die Bremse. Der Kurs ist anspruchsvoll und erfordert höchste Konzentration. Die Rede ist von den 4,2 Kilometern des „Bilster Berg Drive Resort“. So heißt eine kĂŒrzlich eröffnete private Teststrecke in der NĂ€he von Paderborn. Mit ihrem rasch aufeinanderfolgenden Wechsel von Kurven, Steigungen und GefĂ€llen verlangt sie den Piloten einiges ab, unter anderem einen unempfindlichen Magen. Völlig unbeeindruckt und selbst im Grenzbereich kaum aus der Ruhe zu bringen ist hingegen der Hauptdarsteller: der neue Porsche 911 Turbo S, der regelrecht auf dem Asphalt zu kleben scheint.

Der 911 feiert dieses Jahr seinen 50. und der 911 Turbo seinen 40. Geburtstag. AnlĂ€sslich dieses DoppeljubilĂ€ums bringt Porsche erstmals Turbo und Turbo S zeitgleich an den Start. Nur auf den ersten Blick haben sich die Zuffenhausener bei der Entwicklung an die ĂŒbliche Rezeptur gehalten. Klar, bei der Leistung wurde erneut ein wenig draufgepackt: Der Turbo leistet mit 520 jetzt 20 PS, der Turbo S mit 560 nun 30 PS mehr als die direkten VorgĂ€nger. Auch die Höchstgeschwindigkeit steigt um jeweils drei Stundenkilometer an, die von uns gefahrene S-Variante schafft jetzt maximal 318 km/h.

Sturm und Drang (32 Bilder)

Der neue Porsche 911 Turbo S ist der aktuell stÀrkste Elfer ab Werk.

Doch statt nur auf „stĂ€rker und schneller“ zu setzen, ist es den Ingenieuren gelungen, eine deutlich grĂ¶ĂŸere Bandbreite abzudecken. Im Standard-Setup ist das Handling noch einfacher geworden, sodass man beinahe das PrĂ€dikat „alltagstauglich“ vergeben möchte. Das Fahrwerk ist zwar immer sportlich-straff, die elektronisch regelbaren DĂ€mpfer bĂŒgeln Bodenwellen und Querrillen aber stets sauber weg. Die Lenkung bietet unmittelbare RĂŒckmeldung, ohne dabei schwergĂ€ngig zu agieren. Und das serienmĂ€ĂŸige Doppelkupplungsgetriebe PDK wechselt die sieben GĂ€nge Ă€ußerst fix, zugleich aber auch sanft, und hĂ€lt den Motor im angenehmen mittleren Drehzahlbereich.

Zum Rabauken mutiert der 911 Turbo S erst wenn der serienmĂ€ĂŸige Sport-Plus-Schalter betĂ€tigt wird. Dann verhĂ€rten die DĂ€mpfer spĂŒrbar und lassen das Fahrzeug wie ein Brett auf der Straße liegen. Das Gaspedal spricht spontaner an, die Lenkung setzt die Befehle direkter um. Regelsysteme wie das ESP bleiben im Hintergrund aktiv, greifen aber spĂ€ter ein und lassen dem Piloten so mehr fahrerischen Spielraum. Das PDK knallt die GĂ€nge jetzt förmlich rein, schaltet noch zĂŒgiger, aber auch spĂŒrbarer. Der Drehzahlmesser kratzt regelmĂ€ĂŸig am roten Bereich, der bei 7000/min beginnt. Und schließlich ist da noch der Motorsound, der nun viel prĂ€gnanter ist und von einem herrlichen Grummeln und Blubbern untermalt wird. Der Turbo S geht in der Sport-Plus-Einstellung ungehobelter zu Werke, erfordert vom Fahrer mehr Einsatz und zeigt sich unter Volllast als richtig brachialer Bursche, der den Adrenalinpegel der Insassen auf hohem Niveau hĂ€lt. So erreicht der aktuell stĂ€rkste Serien-Elfer dann seine famosen Beschleunigungswerte: in 3,1 Sekunden von null auf 100 und in 10,3 Sekunden sogar auf Tempo 200.