Koalitionsplan zur Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geplatzt

Nach einem Rückzieher der Union konnten sich die Regierungsfraktionen vorerst nicht auf einen gemeinsamen Antrag zur Gewährleistung der "Zukunftsfähigkeit" von ARD und ZDF und deren Digitalstrategien einigen.

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Dicke Luft herrscht momentan bei den Medienpolitikern der großen Koalition. Die Regierungsfraktionen konnten sich am heutigen Mittwoch bei der Sitzung des Kulturausschusses des Bundestags wider Erwarten nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen, mit dem sie die "Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seine Finanzierung sicherstellen" wollten. Ursache sei, heißt es bei der empörten SPD-Fraktion, dass die Union das bereits weitestgehend abgestimmte Papier in seiner Schlussfassung habe fallen lassen. Die Sozialdemokraten bedauern diesen Schritt der CDU/CSU-Fraktion ausdrücklich, weil es ihrer Ansicht nach mit dem Antrag gelungen wäre, nach jahrzehntelangen medienpolitischen Grabenkämpfen einen Grundkonsens über die Entwicklungsmöglichkeiten von ARD und ZDF auch im Digitalzeitalter zu formulieren.

In Schlüsselpassagen des Antragsentwurfs war unter anderem die Rede davon gewesen, "dass die Bedeutung und Berechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der sich abzeichnenden Wissens- und Informationsgesellschaft noch zunehmen wird". Die Abgeordneten wollten mahnen, dass die Öffentlich-Rechtlichen keineswegs auf Bildungs-, Kultur- und Informationsprogramme zu beschränken seien, sondern dass der Begriff der "Grundversorgung" die "Unterhaltung" ausdrücklich einbeziehe. Zudem dürfe es keinen Zweifel daran geben, dass gerade "im Online-Bereich" ARD und ZDF eine "Entwicklungsmöglichkeit" geboten werden müsse. Beklagen wollten die Koalitionäre dagegen das verstärkte "Engagement von Kapitalgesellschaften unter maßgeblicher Beteiligung internationaler Finanzinvestoren". Weiter sollte eine "Stärkung der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" gefordert werden.

Als die FAZ Ende Oktober von dem Papier Wind bekam, sprach sie von einem geplanten "Freifahrtschein erster Klasse für ARD und ZDF". Dreiundzwanzig Jahre nach der Öffnung des deutschen Medienmarktes für private Anbieter gebe es – gestützt nicht zuletzt auf das Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. September ­ eine bewusste Rückwendung der Politik zur "vergesellschafteten Staatsnähe des Rundfunks". Besonders erstaunte das konservative Blatt, "dass CDU und CSU nun ganz offensichtlich bereit sind, ihre bisherige medienpolitische Praxis zugunsten der Öffentlich-Rechtlichen zu revidieren". Als Erklärungsansatz verwies die FAZ darauf, dass der CDU-Medienpolitiker Reinhard Grindel bis zu seiner Wahl in den Bundestag zehn Jahre lang Leiter von ZDF-Studios gewesen sei.

Die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen war zuvor bei einer Anhörung im Unterausschuss Neue Medien des Bundestags heftig umkämpft. Ein ARD-Vertreter verteidigte dabei die eigenen digitalen Ausweitungspläne und stellte klar, dass man nicht länger nur programmbegleitend im Internet aktiv sein wolle. Privatsender und Verleger monierten dagegen, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine allumfassende Vorrangstellung eingeräumt werden solle.

Die SPD-Fraktion sprach sich trotz des Rückschlags nun in aller Deutlichkeit für die Fortentwicklung der bewährten und leistungsfähigen dualen Rundfunkordnung in Deutschland zu einer "dualen Medienordnung" aus. Der Rundfunk bedürfe einer gesetzlichen Ordnung, mit der "die freie, individuelle und öffentliche Meinungsbildung gewährleistet ist" und die "garantiert, dass der Vielfaltsgedanke angemessene Berücksichtigung findet". Daran würden auch die "technologischen Neuerungen der letzten Jahre und die dadurch ermöglichte Vermehrung der Übertragungskapazitäten sowie die Entwicklung der Medienmärkte" nichts ändern. Junge Menschen, die andere elektronische Medien und Übertragungswege jenseits von Radio und Fernsehen nutzen, müssten mit öffentlich-rechtlichen Inhalten erreicht werden. Man wolle mit der Union nun auf Basis dieser Punkte einen neuen Anlauf für einen medienpolitischen Antrag unternehmen.

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Stefan Krempl) / (pmz)