Ein Volksporsche?

Der Anspruch ist hoch, der Preis ist es auch. Überzeugt der Cayman als günstigste und puristischste Möglichkeit, einen neuen Porsche zu fahren? Wer auf Superlative verzichten kann, bekommt jedenfalls einen typischen Porsche

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München, 21. Oktober 2013 – Der Cayman ist eine der günstigsten Möglichkeiten, einen neuen Porsche zu fahren. Und eine der puristischsten. Er ist keine Konkurrenz für den 911, weil der sich in 50 Jahren Produktionszeit zu einer Art komfortablem Gran Turismo entwickelt hat, weit entfernt von seiner ursprüglichen Philosophie. Zudem trug und trägt der 911 als historisches Erbe den Heck-Boxers aus dem Volkswagen. Porsche tat daher gut daran, den Boxster und daraus später den Cayman als spielerisch-sportliches Einstiegsmodell zu entwickeln. Denn daran ist über die Jahre ein Mangel entstanden. Sehr konsequent war die Entscheidung, ihn als Mittelmotorwagen zu bauen. Denn das ist bereits seit dem Auto Union Rennwagen von 1934 und danach unter anderem bei Renngerätschaften wie dem 904 oder dem 962 Porsches schnellstes Konzept.

Sowohl optisch als auch bei der Größe ist der 4,38 Meter lange Cayman näher am Ur-11er (4,29 Meter) und dem 944 (4,20 Meter). Ein Zitat der Mittelmotor-Baureihen ist der hintere Dachbereich, während sich das Blech in bester Elfer-Manier über die Radhäuser wölbt. Einziger Störfaktor - aber ein sehr eleganter - ist aus unserer Sicht die in die Rückleuchten hineinlaufende Abrisskante am Heck, deren mittlerer Teil bei höherer Geschwindigkeit als Flügelspoiler ausgefahren wird. Innen ragt seit der Neuauflage des Cayman jetzt die breite, mit vielen Knöpfen belegte Mittelkonsole auf. Durch die Lage des flachen 2,7-Liter-Sechszylinders vor der Hinterachse hat der Cayman zwei überschaubare Kofferräume, wie der "VW-Porsche" 914. Bemerkenswert ergonomisch sind bereits die serienmäßigen Stühle, weil sie sowohl eine bequeme Sitzfläche als auch ordentliche Seitenführung bieten. Das passt zu einem Auto, das auch im Alltag völlig unauffällig funktioniert, wenn man will.

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Das Basismodell des Porsche Cayman ist die günstigste Möglichkeit, Porsche zu fahren.

Obwohl man damit guten Gewissens Mutti zum Einkaufen schicken kann, ohne dass sie sich hinterher beschwert: in seinem Element ist der Basis-Cayman auf verwinkelten Landstraßen. Flott und sehr präzise geht der perfekt balancierte Mittelmotorwagen durch die Kurven. Obwohl er erst spät in den Grenzbereich kommt, ist dieser vergleichsweise weit. Spürbar ist sein niedriger Schwerpunkt, der eine relativ weiche Fahrwerksabstimmung erlaubt. Die Lenkung bietet genügend Rückmeldung und die richtige Übersetzung für einen sehr lustvollen Umgang mit Aktion und Reaktion. Dazu passt das griffige Lenkrad ohne modische untere Abflachung. Exakt und auf kurzen Wegen rasten die Gänge der Sechsgang-Schaltung, der Motor bietet zwischen 3000 Touren und höchster Leistung bei 7400/min eine fast lineare, gut berechenbare Kraftentfaltung. Das höchste Drehmoment bleibt (elektronisch) zwischen 4500 und 6500 auf 290 Nm begrenzt, die Drehfreude erscheint durch die boxertypisch hohe Laufkultur fast unbegrenzt.

Der Klang reicht dabei von dumpf-bassig bis hochfrequent orgelnd. Wozu Porsche eine elektrische Auspuffklappe als akustischen Geschmacksverstärker mitliefert, ist unklar. Vielleicht eine Option für Kunden, die sich niemals trauen würden, den Motor wirklich auszuwringen, denen aber daran gelegen ist, dass es sich wenigstens so anhört? Aber wozu dann? Hier steuern wir auf Grenzbereiche ganz anderer Art zu, die wir nicht weiter ausloten wollen. Die S-Version mit 50 Extra-PS bräuchten sich solche Zeitgenossen jedenfalls nicht zu leisten und würden über 12.000 Euro sparen. Nicht, dass er billig wäre. Aber für Einsteiger und jeden, der noch nicht völlig unbescheiden geworden ist, tut es der Cayman auch ohne "S". Auf seine Art ist das natürlich auch puristisch.