"Lex Telekom" beschäftigt den Europäischen Gerichtshof

Vor dem Europäischen Gerichtshof war heute Verhandlungsauftakt im Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung über den Regulierungsrahmen für neue Netze im deutschen Telekommunikationsgesetz.

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Von
  • Monika Ermert

Mit den vom deutschen Telekommunikationsgesetz (TKG) vorgesehenen regulatorischen Rahmenbedingungen für neue Netze, von Kritikern auch "Lex Telekom" genannt, beschäftigt sich seit dem heutigen Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EUGH) in Luxemburg. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium war mit großer Mannschaft vertreten, um das von der EU-Kommission angegriffene TKG zu verteidigen. Die Kommission kreidet der Bundesregierung an, mit dem Gesetz gegen verschiedene Vorschriften der EU-Zugangsrichtlinie, der TK-Rahmenrichtlinie und der Universaldienstrichtlinie zu verstoßen.

Kritiker wie Kommission warfen der Bundesregierung vor, mit dem Gesetz der Deutschen Telekom entgegenzukommen. Der Ex-Monopolist hatte angekündigt, nur dann in ein Hochgeschwindigkeitsnetz zu investieren, wenn er dieses ohne Regulierungsauflage vermarkten könne. "Wir haben heute in Luxemburg noch einmal klargestellt, dass es sich nicht um eine 'Lex Telekom' handelt", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums nach der Verhandlung. Vielmehr handele es sich um eine abstrakte Norm, die genauso gut für Hansenet oder andere Wettbewerber gelte. Im Übrigen ständen sich die Parteien weiter mit ihren "diametral entgegengesetzten" Positionen gegenüber, so der Sprecher. Man müsse nun abwarte die Stellungnahme des Generalanwalts abwarten, die für den 23. April angekündigt isr.

Die deutschen Regelungen erlauben dem Gesetzgeber laut Klage der Kommission, neue Märkte unter Umgehung der Gemeinschaftsregelungen zu definieren und damit "im Voraus" festzulegen, unter welchen Bedingungen die Regulierungsbehörde "ausnahmsweise zur Regulierung dieser Märkte berechtigt". Zudem werde der Behörde ein bestimmtes Regulierungsziel – der Infrastrukturausbau – "zur besonderen Beachtung" vorgeschrieben. Der Ermessensspielraum der zuständigen Bundesnetzagentur werde damit unzulässig eingeschränkt.

Die Bundesregierung hatte dem in ihren schriftlichen Eingaben entschieden widersprochen. Die Bundesrepublik Deutschland habe "ihre Verpflichtungen zur Konsultation und Konsolidierung aus den Artikeln 6 und 7 der Rahmenrichtlinie vollständig erfüllt. Die Kommission habe keinen einzigen Verstoß gegen diese Verpflichtungen benannt und stütze ihren Vorwurf der Vertragsverletzung auf bloße Vermutungen", heißt es im Sitzungsbericht des Gerichts zu den Einlassungen aus Deutschland. Im Übrigen würde das TKG lediglich "das regulierungsbehördliche Ermessen vorstrukturieren".

Auch verfahrensrechtliche Fehler wirft Berlin der Kommission vor. Die Kommission habe schon am 20. Dezember 2006 die Eröffnung des Vertragsverletzungsverfahrens beschlossen, da habe es das neue TKG noch gar nicht gegeben, argumentiert die Bundesregierung. Die TKG-Novelle wurde am 18. Februar 2007 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. "Außerdem ergebe sich aus dem Verhalten der Kommission und insbesondere aus ihren Pressemitteilungen, dass sie entschlossen gewesen sei, den Vortrag der Bundesregierung ohne jede Prüfung zu verwerfen und den Gerichtshof so bald als möglich anzurufen". Das habe die Bundesregierung daran gehindert, "sich im Vorverfahren wirkungsvoll zu verteidigen".

In einer ersten Reaktion kritisierte der Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), Jürgen Grützner, die Haltung der deutschen Regierung. "Wer glaubt, dass er neue Netze nur durch neue Monopole bekommt, liegt völlig falsch", sagte Grützner. Durch den Streit mit der Kommission habe die Bundesregierung vor allem eines erreicht: "Wir haben weitere zwei Jahre verloren." Inzwischen befürworte die DTAG selbst einen offenen Zugang zum VDSL-Netz. Aus Grützners Sicht ist genau das die beste Möglichkeit, die Netze wirklich effektiv und gewinnbringend zu nutzen.

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(Monika Ermert) / (vbr)