Programme und Positionen zur Europawahl 2014: Die Linke

Die Linke plädiert in ihrem Wahlprogramm für ein "gutes Leben", das so unterschiedliche Dinge wie sichere Lebensmittel, eine sichere und barrierefreie Telekommunikation, bezahlbare Wohnungen, die Versorgung mit Wasser und Energie, Urheber- und Datenschutz umfasst.

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Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Europa geht anders, meint die Linke. Es müsse sozial, friedlich und demokratisch sein. Europa soll ein guter, friedlicher und solidarischer Nachbar für alle Menschen in der Welt werden. Die Linke plädiert für ein "gutes Leben", das in einer Aufzählung so unterschiedliche Dinge wie sichere Lebensmittel, eine sichere und barrierefreie Telekommunikation, bezahlbare Wohnungen, die Versorgung mit Wasser und Energie, Urheber- und Datenschutz umfasst.

Gabi Zimmer, Spitzenkandidatin der Linken

Die deutsche Linke gehört im Europaparlament derzeit zur Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke, abgekürzt GUE/NGL. Für deutsche Leser hält die Linke im Europarlament eine übersichtliche Liste aller Themen bereit. Das Wahlprogramm gibt es in einer Kurzfassung und in einer Langfassung. Die Kurzfassung kann in leichter Sprache, als Audio oder als Video in Gebärdensprache heruntergeladen werden, außerdem gibt es eine Braille-Version und Übersetzungen in die wichtigsten EU-Sprachen sowie ins Russische und Türkische. Wie die SPD und die CDU/CSU hat die Linke mit dem Griechen Alexis Tsipras von Syrizia (Vereinte Soziale Front) einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission nominiert.

Europawahl 2014

Das Europaparlament in Straßburg

Die Bürger der Mitgliedsstaaten der EU wählten zwischen dem 22. und 25. Mai 2014 (in Deutschland am 25. Mai) zum achten Mal das Europäische Parlament. In Deutschland galt dabei erstmals keine gesetzlich festgelegte Hürde für einen Mindestanteil an Stimmen, die eine Partei erreichen muss, um Abgeordnete ins Parlament zu schicken. Seit dem Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament einige Kompetenzen hinzugewonnen.

Die umfassende Überwachung der Bürger durch Staaten und Konzerne will die Linke stoppen. Sie fordert deshalb ein "ein Moratorium und die unabhängige Evaluation aller seit 2001 verabschiedeten Sicherheitsgesetze bzw. laufenden Verhandlungen dazu". Besonders sollen alle mit den USA geschlossenen Abkommen oder aktuelle Verhandlungen auf den Prüfstand kommen. Ebenso gehört für die Linke die unmäßige Überwachung von EU-Institutionen wie Eurosur (Grenzkontrolle) und Frontex (Grenzsicherung) sowie Europol (Strafverfolgung) auf den Prüfstand.

In der Sicherheitspolitik ist die Linke sehr skeptisch. "Auf europäischer Ebene wurde durch die Politik des Rates und der Kommission ein undurchschaubares Netz an Zuständigkeiten, Kooperationen und Maßnahmen entwickelt, das weder parlamentarisch kontrollierbar noch transparent für die Bürgerinnen und Bürger ist", heißt es in der sonst sehr einsilbigen Antwort der Linken auf die Wahlprüfsteine des AK Vorrat. Die Linke will, dass Europarat, Kommission, Europäisches Parlament und die Mitgliedsstaaten auf die Vorratsdatenspeicherung verzichten.

Für die Linke ist Netzpolitik und Digitalisierung vor allem durch EU-Recht reguliert, heißt es im Aktionspunkt "Freiheit im Internet sicherstellen". Zur Netzpolitik werden Regelungen zum Cloud Computing, der Kampf gegen Netzssperren, aber auch Urheberrecht und Netzneutralität gezählt.

Unter dem Aktionspunkt "Geheimdienste auflösen und Datenschutz garantieren" setzt sich die Linke dafür ein, den Datenschutzraum zu stärken, indem die deutschen und europäischen Datenschutzbeauftragten mehr Kompetenz bekommen. Die geplante europäische Datenschutzverordnung will sie gegen die Einflussnahme der Lobbyverbände verteidigen.

Einen besonderen Aktionspunkt bildet das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP mit Regelungen wie der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit (ISDS). Diese soll komplett abgeschafft werden, meinen die Linken, außerdem soll der kulturelle Bereich komplett bei Handelsabkommen dieser Art ausgeschlossen bleiben: "Kultur darf nicht zur reinen Handelsware werden, die allein den Marktgesetzen unterliegt." Der Einfluss von Konzernen auf Medieninhalte soll zurückgedrängt werden. Die Informationssammlungen einzelner Internetfirmen wie Facebook sind kein Thema des Wahlprogramms. Allgemein soll der Zugriff von "Konzernen und Kapital" auf das Leben der Menschen eingedämmt werden, heißt es dort.

Das Urheberrecht soll so reformiert werden, dass es "eine Kultur des Teilens ermöglicht und es den professionellen Kreativen gleichzeitig erlaubt, ihre Arbeit ordentlich vergütet zu bekommen". Hier gibt es nach Ansicht der Linken auf europäischer Ebene viele Regelungen und Hemmnisse, die zu beseitigen sind. Zudem sollen das Urheberrecht wissenschaftsfreundlich gestaltet und offene Publikationsformen unterstützt werden. Um die Arbeitsbedingungen der Urheber zu verbessern verweist die Linke auf Lizenz- und Vergütungsmodelle wie Creative Commons, Kulturwertmark und das Crowdfunding. Medieninhalte sollen weg von der Privatisierung der Konzerne bei den Kreativen verankert werden. Die in Deutschland praktizierte Depublikationspflicht der öffentlich-rechtlichen Sender soll abgeschafft werden.

Nach Ansicht der Linken ist der marktwirtschaftlich geregelte flächendeckende Ausbau von Breitband-Internet durch die Telekommunikationskonzerne gescheitert. Deswegen müsse das europäische Telekommunikationsrecht geändert werden. "Die entsprechenden EU-Richtlinien müssen so verändert werden, dass gemeinschaftlicher, genossenschaftlicher oder kommunaler Netzausbau erleichtert wird. Die Privatisierung in diesem Bereich wollen wir zurückdrängen", heißt es im Wahlprogramm. Weil die Marktausrichtung der TK-Konzerne auch die Netzneutralität bedroht, will die sich Linke im Europa-Parlament dafür einsetzen, dass die Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben wird.

Jegliche Unterstützung von Rüstungs- und Sicherheitsforschung soll eingestellt werden. Dies gilt vor allem für das europäische Forschungsprogramm Horizon 2020, bei dem die Linke die finanzielle Beteiligung der jungen Beitrittsstaaten fordert. Auf Großunternehmen zugeschnittene Forschungsförderungsprogramme sollen gestoppt werden.

Im Europäischen Forschungsraum soll der Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefördert werden, der Nachwuchs soll anstelle von Stipendien mit sozialversicherungspflichtigen Stellen unterstützt werden. Eine konzertierte "europäische Open-Access-Initiative" soll die europäischen Wissensquellen zum Sprudeln bringen, wobei den "Transformationserfahrungen" der Beitrittsstaaten eine besondere Bedeutung zukommen soll. "Zur Kultur des Teilens gehört ebenfalls das Prinzip des offenen Zugangs zu Informationen", heißt es im Wahlprogramm, in dem ansonsten keine Angaben über Open Data gemacht werden. (anw)