Know-how Farben (Teil 6): Der Aufbau von Profilen

Bisher haben wir uns die Profile und Farbräume einzeln angeschaut, jetzt wollen wir ihr Zusammenwirken bei Farbraumtransformationen etwas näher betrachten und auch einen tieferen Blick in den Aufbau von Profilen werfen.

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Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Ralph Altmann
Inhaltsverzeichnis

Ein ICC-Farbprofil, das wissen Sie aus der ersten Folge, verleiht den RGB-Zahlenwerten eines Bildes die Maßeinheit. Ohne Profil sind diese Werte so unbestimmt wie die Längenangabe 120 ohne die Information, ob es sich um Fuß, Meter oder Lichtjahre handelt. Dieser Vergleich hat uns bis hierher getragen, er ist sehr anschaulich, aber auch sehr vereinfacht, und er gilt eigentlich auch nur für die sogenannten Matrixprofile.

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Alle Arbeitsfarbräume, also etwa sRGB, AdobeRGB und Prophoto RGB, sind Matrixprofile. Bei diesen ist der Zusammenhang zwischen den RGB-Werten und den damit gemeinten, eindeutig definierten Farben – dem Maßstab für die Farben – durch einige wenige Formeln festgelegt. Technische Geräte wie Scanner, Kameras, Monitore und Drucker arbeiten meist aber gar nicht so exakt, dass sich der Zusammenhang zwischen Farbe und RGB-Wert durch Formeln ausdrücken ließe. Er ist oft nicht nur nichtlinear, sondern von mehreren Faktoren abhängig, bei Druckern zum Beispiel außer von der Tintenfarbe auch von Farbe und Saugfähigkeit des Papiers. Solche komplizierten Relationen lassen sich am besten mittels einer Tabelle abbilden, in der die RGB-Werte den erfassten (oder reproduzierten) definierten Farben gegenübergestellt sind. Bei der Profilierung eines Scanners, Monitors oder Druckers wird fast immer ein Tabellenprofil erzeugt. Ist eine Farbraumumrechnung notwendig, schaut das Farbmanagementsystem bloß in diese Tabelle, die deshalb Color-Look-Up-Table, kurz CLUT oder noch kürzer LUT genannt wird.

So eine Tabelle kann man sich wie ein Wörterbuch vorstellen. Falls Sie mal gebeten werden, ein Schriftstück für die UNO zu verfassen, werden Sie vermutlich ein Deutsch-Englisches Wörterbuch benötigen, denn Deutsch wird von den wenigsten der dortigen Delegierten verstanden, Englisch ist dagegen eine der beiden Arbeitssprachen der UNO (die andere ist Französisch). Soll das Schriftstück später in Norwegen veröffentlicht werden, hilft dem Übersetzer ein Englisch-Norwegisches Wörterbuch.

Google und die UNO nutzen Englisch als Verbindungsprache zwischen unterschiedlichen Sprachräumen. Bei der Konvertierung zwischen Farbräumen dienen Lab oder XYZ als „Verbindungssprache“.

(Bild: Ralph Altmann)

Damit haben wir zwei "Tabellen" (ein Wörterbuch ist eine sehr lange, zweispaltige Tabelle), welche gemeinsam die Übersetzung aus dem Sprachraum Deutsch in den Sprachraum Norwegisch erlauben, und wir haben eine Verbindungssprache, bei der es sich praktischerweise um eine Weltsprache handelt, die sowieso von vielen gesprochen wird. Prinzipiell könnte dies auch jede andere natürliche Sprache oder zum Beispiel Esperanto sein, unter einer Bedingung: Die Verbindungssprache sollte Wörter für alle Begriffe enthalten, die in allen zu verbindenden Sprachen existieren. Mit anderen Worten: Der Sprachraum der Verbindungssprache sollte mindestens so groß sein, dass er die Sprachräume aller zu verbindenden Sprachen einschließt. Die Verbindungssprache ist gleichzeitig eine Referenz. Der (in unserem Fall) englische Wortlaut ist verbindlich.