Akteneinsicht: Wie ging Volkswagen bei der Manipulation der Abgaswerte vor?

„The Switch“

Was wirft die US-Umweltbehörde EPA Volkswagen genau vor? Wir haben uns die „Notice of Violation“ genauer angesehen, welche die Behörde am 18. September Volkswagen schickte. Dort wird eine klassische Methode zur Zykluserkennung beschrieben

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 104 Kommentare lesen
Audi, VW 4 Bilder
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

München/Washington, 21. September 2015 – Was wirft die US-Umweltbehörde EPA Volkswagen genau vor? Wir haben uns die „Notice of Violation“ genauer angesehen, welche die Behörde am 18. September Volkswagen schickte. Dort wird eine klassische Methode zur Zykluserkennung beschrieben:

„Insbesondere hat VW (die EPA meint mit dieser Markenbezeichnung den gesamten Volkswagen-Konzern) in diesen Fahrzeugen Programmcode geschrieben und im Steuergerät hinterlegt, die erkannte, wann das Auto auf Übereinstimmung mit den Emissionsgrenzwerten der EPA getestet wurde. Aus Gründen der Einfachheit nennt die EPA das den „Schalter“. Ob das Fahrzeug sich in einem entsprechenden Prüfzyklus befindet, oder nicht, wird anhand verschiedener Parameter erkannt, darunter der Stellung des Lenkrads, der gefahrenen Geschwindigkeiten, der Dauer des Motorlaufs und des Umgebungsluftdrucks. (…)

Prüfstands-Kalibrierung und Straßen-Kennfeld

Während des (von ihm als solchen erkannten) Emissionstestlaufs fuhr das Steuergerät dann ein Kennfeld, das die EPA-konformen Emissionen erreichte und von Volkswagen als „Prüfstands-Kalibrierung“ bezeichnet wird (…). Außerhalb des Tests, im realen Fahrbetrieb, wurde der „Schalter“ aktiviert und das Steuergerät griff auf ein „Straßen-Kennfeld“ zurück, das die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlung, insbesondere bei einer Ausstattung mit einem SCR-Katalysator, verminderte. Als Ergebnis wurde der nach EPA höchstzulässige Stickoxidgehalt im Abgas je nach Einsatz (Stadt-, oder Autobahnverkehr) um den Faktor zehn bis 40 überschritten.

VW (i.e. Volkswagen) wusste oder hätte wissen müssen, dass „Straßen-Kennfeld“ und „Schalter“ für den Clean Air Act relevante Teile der Fahrzeugkonstruktion entweder umgehen oder unwirksam machen. Das zeigt sich an ihrer Auslegung: Wie oben beschrieben, ist das Steuergerät so programmiert, dass es den Test erkennt und eine unzureichende Abgasnachbehandlung erzielt, sobald sich das Auto nicht in einem bundesstaatlichen Prüfstandlauf befindet“.

Die Umweltbehörde erkannte zudem durch ihre Vergleichsmessungen auf dem Prüfstand und auf der Straße, dass die Überschreitungen auf der Straße im Fahrzeug regelmäßig nicht angezeigt werden ("the vehicles' on board diagnostic system was not detecting the increased emissions").