Die Post beansprucht Markenrechte für "Webtransfer"

Die Deutsche Post hat einen Provider aufgefordert, den Begriff "Webtransfer" nicht mehr zu benutzen, weil dies Markenrechte verletze.

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Die Deutsche Post AG hat die Oldenburger Internet-Providerfirma orgatech GmbH in einem Schreiben aufgefordert, den Begriff "Webtransfer" nicht mehr zu verwenden, weil dadurch die Schutzrechte an der vor rund drei Monaten registrierten Wortbildmarke "Deutsche Post Webtransfer" verletzt würden. Die Oldenburger hatten mit dem Begriff auf ihrer Site das Datentransfervolumen für Webpräsenzen bezeichnet.

Die betreffende Marke wurde beim Patent- und Markenamt in München am 27. April 2000 angemeldet und am 12. September des gleichen Jahres unter der Nummer 30032690 eingetragen; darüber hinaus liegt ein Antrag auf Erteilung einer Gemeinschaftsmarke bei der entsprechenden europäischen Behörde in Alicante vor. Die Deutsche Post AG nutzt "Webtransfer" als Produktbezeichnung im Paketbereich für einen Service im Zusammenhang mit Online-Auktionen für die Abwicklung des Transports und des Zahlungsverkehrs über ein Treuhand-Konzept. Der "gelbe Riese" arbeitet dabei mit Unternehmen wie Yahoo zusammen.

Das geschützte Logo zeigt unter dem gewohnten Schriftzug "Deutsche Post" mit dem stilisierten Posthorn in schräggestellter Schrift das Wort "Webtransfer". Als Farben kommen Gelb, Schwarz und Rot zum Einsatz.

Da die orgatech-Site mit ihrem "Web-Transfer" nicht den Service der Post angesprochen und auch keine Anklänge an das Erscheinungsbild des Logos gezeigt hat, kann die Post eine Markenverletzung hier eigentlich nur aufgrund einer Verwechslungsgefahr behaupten. In dem Schreiben an die Oldenburger begründen die Mitarbeiter des Zentralbereichs Recht in der Bonner Postzentrale ihre Behauptung freilich gar nicht, sondern erklären nur, "Webtransfer" sei keine "gängige Bezeichnung", die zur freien Verfügung stünde. Sie verweisen auf § 14 des deutschen Markengesetzes, der bei Markenverletzungen einen Anspruch auf Unterlassung und gegebenenfalls Schadenersatz begründet.

Offenbar fühlt sich die Post hier an einer sensiblen Stelle gestört, denn immerhin ist ihr Engagement im mittels Werbung und Vorstandsäußerungen betonten Zukunftsmarkt Internet-bezogener Logistik betroffen.

Eine Abfrage beim deutschen Zweig der Suchmaschine Altavista erbringt gegenwärtig nur knapp über 30 Fundstellen für "Webtransfer", wobei lediglich zwei Sites eine Verwendung im Sinne allgemeinen Web-Datentraffics zeigen. Allerdings tauchen die Wortbestandteile "Web" und "Transfer" in den verschiedensten Verbindungen in diesem Zusammenhang auf. Es ist also unklar, wie ein Rechtsstreit über die Zulässigkeit der fraglichen Markeneintragung ausgehen würde.

Die orgatech GmbH will es nach Auskunft ihres Geschäftsführers Patrick Feldhusen nicht darauf ankommen lassen und hat den umstrittenen Begriff sofort von ihrer Website und aus ihren Artikellisten entfernt. Obwohl es in diesem Fall noch nicht einmal zu einer der üblichen Abmahnungen samt strafbewehrter Unterlassungserklärung und Kostennote gekommen ist, äußern die Oldenburger ihre Enttäuschung über das Vorgehen der Post. Sie verweisen dabei insbesondere darauf, dass das ehemalige Staatsunternehmen bereits zahlreiche Domains mit allgemeingültigen Namen betreibe. Man müsse, so Feldhusen, "befürchten, in Zukunft auch Begriffe wie 'E-Mail-Postfach' nicht mehr allgemein nutzen zu können".

Die Vereinnahmung von Internet-Allgemeinbegriffen in Form geschützter Markenbezeichnungen ist als Thema, wie es scheint, keineswegs erledigt. Das deutsche Patent- und Markenamt in München setzt sich durch die Eintragung von "Webtransfer" erneut dem zuvor schon vielfach geäußerten Vorwurf aus, Anträgen auf Markenschutz für Begriffe aus dem Computer- oder Internet-Jargon ohne hinreichende Berücksichtigung des betreffenden Umfelds allzu großzügig stattzugeben. Patrick Feldhusen verweist auf Parallelen zum Fall der Marke "Webspace", der netzweit für Aufsehen gesorgt hatte. Nach etlichem juristischem Hin und Her gab das Patent- und Markenamt schließlich am 2. Februar 2000 einem Löschungsantrag für die Marke "Webspace" statt. Gegen diese Entscheidung legte der Markeninhaber Klaus Thielker jedoch Beschwerde beim Bundespatentgericht ein. Es bleibt also spannend in puncto Web und Markenrecht. (psz)