Volkswagen auf der großen Messe in Detroit

Under Pressure

Erst die falschen Autos und dann auch noch eine verbotene Software: Amerikas größte Automesse in Detroit ist für Volkswagen schon lange ein heißes Pflaster, weil die Geschäfte in den USA mangels passender Modelle nicht laufen. Doch so schlimm wie jetzt war es noch nie

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Volkswagen 8 Bilder
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Detroit, 7. Januar 2016 – Erst die falschen Autos und dann auch noch eine verbotene Software: Amerikas größte Automesse in Detroit ist für Volkswagen schon lange ein heißes Pflaster, weil die Geschäfte in den USA mangels passender Modelle nicht laufen. Doch so schlimm wie jetzt war es noch nie. Denn die Vereinigten Staaten sind das Epizentrum der Abgas-Affäre, die Volkswagen in die tiefste Krise seiner Geschichte stürzte.

Neue Milliardenkosten?

Mitten im Diesel-Debakel muss Konzernchef Matthias Müller nun in die Höhle des Löwen zur Branchenschau. Es wäre überraschend, wenn er sich bei seinem USA-Besuch Anfang kommender Woche nicht mit Politikern und Behördenvertretern träfe, was für Müller wohl kein Vergnügen wäre. Die USA haben Deutschlands größten Konzern wegen Betrugs und Verstößen gegen Umweltgesetze verklagt. Das war absehbar, Volkswagen hat den Einsatz der illegalen Abgas-Software schon eingestanden. Doch die Regierung wirft den Wolfsburgern zusätzlich vor, beim Aufarbeiten der Affäre zu tricksen und die Behörden in die Irre führen zu wollen. Obendrein berichtet die Süddeutsche Zeitung von einem weiteren Schreckensszenario: 115.000 Dieselautos fürchte Volkswagen auf Druck der US-Behörden zurückkaufen zu müssen, schrieb das Blatt (Ausgabe vom 7. Januar 2015). Das würde neue Milliardenkosten verursachen. Der Konzern ließ den Bericht bislang unkommentiert.

"Katastrophenveranstaltung"

Das Problem droht zum Flächenbrand zu werden, und Müller muss löschen. Eine passende Kulisse hat er: Ausgerechnet in der früheren Feuerwache der „Motor City“ wird er seinen ersten US-Auftritt als Nachfolger von Martin Winterkorn absolvieren. In der Nacht zum Montag spricht er dort vor Journalisten. In dem Backsteinbau zelebrierte zuletzt auch Winterkorn den Messestart - stets nach dem Motto: „Es wird schon.“ In den USA, dem nach China weltgrößten Automarkt, treffen die Wolfsburger seit langem nur bedingt den Geschmack der Kunden. Die Konkurrenz fährt ihnen davon. Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh nannte das US-Geschäft schon offen eine „Katastrophenveranstaltung“.

Selbst Subaru verkauft dort mehr. Abhilfe schaffen soll eine SUV-Offensive, die ab Ende 2016 ein Siebensitzer-Dickschiff bringt. Das baut VW in seinem US-Werk in Chattanooga, Tennessee. Für deutsche Verhältnisse ist der Wagen riesig, für die USA mittelgroß. Der Abgas-Skandal platzt nun in die Aufholpläne. Anders als daheim, wo bald schon die Rückrufe der betroffenen Dieselfahrzeuge anlaufen, sind die Folgen der Affäre für Volkswagen in den USA noch weitgehend unklar. Während Audi und Porsche Rekorde einsammeln, fährt die Kernmarke VW hinterher. 2015 verkaufte VW in den USA nur 349.000 Wagen, vor allem Jetta und Passat. Das ist 5 Prozent unter Vorjahreswert und meilenweit vom Ziel entfernt, bis 2018 rund 800.000 Wagen abzusetzen. Die Marke stammt noch von Winterkorn und wurde bisher nicht kassiert.