Das große Feilschen

Verhandlungen um den Straßentest RDE

Gegenüber einem laschen Basisszenario könnten konsequente RDE-Rahmenbedingungen im Jahr 2030 zu einer absoluten Ersparnis von 41 Prozent der NOx-Emissionen führen. Doch hinter den Kulissen wird derzeit hart gekämpft

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(Bild: DUH)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
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Nicht nur sauber, sondern rein. So warb einst die Waschmittelfirma Ariel. Und von beidem sind Diesel-Pkw aktuell weit entfernt. Damit die gesundheitsschädlichen Stickoxide aus den Auspuffrohren aber wenigstens auf das technisch machbare und nicht aus das kostenseitig opportune Niveau reduziert werden, hat die Europäische Union Straßentests eingeführt. Real Driving Emissions, abgekürzt RDE, heißt das neue Verfahren, das seit Anfang 2016 erprobt wird. Mit mobilen Messgeräten (PEMS für Portable Emissions Measurement System) wird erhoben, was vom Dieselkraftstoff nach der Verbrennung übrigbleibt. Jetzt verhandeln Industrie, Politik und Nichtregierungsorganisationen in Brüssel über die Ausführungsbestimmungen von RDE. Und wie immer, wenn es ums liebe Geld geht, verstehen die Beteiligten keinen Spaß.

NOx-Belastung

Die Europäische Umweltagentur (EUA) rechnet vor, dass der Transportsektor 46 Prozent aller Stickoxide produziert, wovon wiederum 80 Prozent aus Dieselmotoren stammen. Und während schwere Lkw auf dem mühsamen Weg der Besserung nachweisbar vorankommen, befinden sich die Autos mit Selbstzünder scheinbar in der Schockstarre. Ausgelöst durch Abgasskandal bei Volkswagen erregen Abgase eine Aufmerksamkeit, die Atemluftschützer sich vor fünf Jahren kaum vorstellen konnten. Und auch wir Journalisten wissen, dass Umweltthemen früher als „nicht sexy“ mit niedrigen Klickzahlen bedacht wurden.

Je preiswerter, je dreckiger?

Das Problem ist inzwischen allgemein bekannt: Diesel-Pkw nach der aktuellen Euro 6-Norm emittieren in der Realität ein Vielfaches des gesetzlich erlaubten Grenzwerts von 80 Milligramm pro Kilometer. Die meisten jedenfalls, wie ein Bericht des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur (BMVI), der weiterhin den Namen „Volkswagen“ in der Überschrift trägt, belegt. Es gilt: Je preissensibler das Segment, in dem ein Diesel-Pkw angeboten wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Stickoxidemissionen abseits des Laborprüfstands in absurde Höhen schießen.

Veränderungen aber lassen sich nur für die Zukunft durchsetzen. Darum RDE. Mit dem Fahrzeugbestand müssen wir alle leben – es ist schlicht ungerecht, wenn ökonomisch getriebene Privatkäufer eine Entwertung ihrer Autos hinnehmen müssen, weil Politik und Industrie in heimlichem Einverständnis versäumt haben, wirksame Auflagen zu erlassen. Wichtig ist, rechtzeitig zu handeln und klare Vorgaben zu machen, um eine gewisse Planbarkeit bei einer solch teuren Anschaffung wie einem neuen Auto zu schaffen.