Alle Jahre wieder: Das "Internet aus der Steckdose"

Immer wenn die CeBIT naht, melden sich die Energiekonzerne zu Wort und verkünden den Start von Powerline Communications zum Surfen per Stromnetz.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Immer wenn die Computermesse CeBIT naht, melden sich die Energiekonzerne zu Wort: Nachdem RWE, E.ON & Co schon in den Vorjahren vollmundig das Internet aus der Steckdose ankündigten, kommen sie in diesem Jahr ihren Plänen offenbar näher. Die so genannte Powerline-Technik soll nach dem Willen des größten deutschen Energieversorgers RWE schon nach der CeBIT die Kunden erfreuen. Kommt die Technik bei den Verbrauchern an, würde der Internetzugang über das Stromnetz zu einer Alternative für das herkömmliche Telefonnetz der Deutschen Telekom.

Denn nicht nur RWE, auch andere Energieversorger arbeiten fieberhaft an Powerline. Die E.ON-Tochterfirma Oneline aus Barleben in Sachsen-Anhalt will demnächst Telekommunikationsdienste über das Stromnetz anbieten. Darüber hinaus arbeiten die Mannheimer Energieversorger und die EnBW in Baden-Württemberg an der Powerline-Technik. "Was RWE macht, beeindruckt uns nicht sonderlich", sagt ein EnBW-Sprecher selbstbewusst.

Noch in diesem Sommer wollen die Baden-Württemberger in Ellwangen den ersten Schritt zur Markteinführung machen. Und das auch ohne ihren bisherigen Kooperationspartner Siemens. Die Münchner hatten nämlich am Montag überraschend ihren Rückzug aus der Powerline-Technik angekündigt. Die Rahmenbedingungen seien bislang zu ungewiss, begründete das Unternehmen den Schritt.

Auf ein genaues Datum für den Marktstart will sich Michaela Roth von Oneline nicht festlegen: "Wir sammeln derzeit in Feldversuchen Erfahrungen, wie die Technik bei den Kunden ankommt", meint sie. Dabei kooperiert Oneline mit der E.ON-Tochter Avacon, einem Stromanbieter in Niedersachen und Sachsen-Anhalt. Erst wenn Ergebnisse vorliegen, soll eine Entscheidung über den kommerziellen Marktstart fallen.

Da scheint die RWE im Rennen um die Führung in der Powerline- Technik die Nase vorn zu haben. Dietmar Kuhnt, RWE-Vorstandschef, gab vor wenigen Wochen auf der Hauptversammlung das Tempo vor: "Der volle Markteintritt wird ab Juli dieses Jahres erfolgen", sagte er. Dabei sieht Kuhnt Powerline als ein Zusatzprodukt für die Haushaltskunden.

Mit Powerline würden energienahe Dienstleistungen geboten, der Bereich sei ein ergänzendes Geschäftsfeld, betont eine RWE-Sprecherin. Hierzu gehört auch der Bereich der Steuerung von Elektro- und Heizgeräten sowie Sicherheitssystemen über Handy oder Internet von jedem Ort aus.

Der große Vorteil der Technik liegt darin, dass die Infrastruktur praktisch komplett vorhanden ist: Wie Telefonnetze führen Stromleitungen in jeden Haushalt. Erforderlich sind lediglich zusätzliche Installationen im Keller und ein Modem in der Wohnung. Mit bis zu zwei Megabit pro Sekunde soll der Kunde per Stromleitung durchs Netz surfen können.

Doch Powerline hat auch Nachteile, die die Verzögerungen zum Teil erklären: Im Gegensatz zu anderen Zugangstechniken (Telefonnetz, TV- Kabel, drahtloser Funk) auf der letzten Meile zum Kunden können bei Powerline durch Abstrahlungen vor allem Funkdienste gestört werden. Je länger die Strecke zwischen Hausanschluss und Verteiler oder dem Anschlusspunkt zum Telefon-Backbone-Netz, umso höher müssen die Signalverstärker sein, umso höher werden aber auch die Abstrahlungen. Hierzu hat das Bundeswirtschaftsministerium Grenzwerte (NB 30) festgelegt, die Ende März im Bundesrat verabschiedet werden sollen.

RWE will die Powerline-Technik keineswegs nur auf Datenverkehr und Internet beschränken. 2002 werde die Telefonie hinzukommen, sagt ein Sprecher. Während bei RWE die Sprache über das Internet läuft (Voice-over-IP), arbeitet Oneline an einem separaten Übertragungskanal. So sollen die Telefonate im Haus zunächst über die Telefonverkabelung geführt und erst danach über die Oneline-Box am Hausanschlusskasten ins Stromkabel geleitet werden. Roth: "Wir können so den Telekom-Anschluss komplett ersetzen". (Peter Lessmann, dpa) / (jk)