Fahrbericht: BMW M550i xDrive
Der neue M550i kostet 82.700 Euro. Das sind 22.400 Euro mehr als ein 540i xDrive. Dafür erhält man zwei Zylinder, einen Turbolader, 132 PS und 200 Nm Drehmoment mehr. Trägt der 1810 kg schwere Allradller mit Wandler-Automatik das prestigeträchtige M zu Recht?
(Bild: BMW)
- Christian Lorenz
Seit dem X5 M (E70) von 2009 ist der schnellste Buchstabe der Welt auch nicht mehr das, was er einmal war. Ein SUV mit Allradantrieb, Wandlerautomatik und Turbolader führte bei in Rauhleder gegerbten M3-Evo-Treibern zu mittelschweren Verdauungsschwierigkeiten. Drei Jahre später wurde mit dem X5 M50d das erste M-Performance-Modell eingeführt, das zu allem Überfluss auch noch einen Dieselmotor hatte. Seitdem bilden die M-Performance-Modelle eine Zwischenstufe zu den regulären Brot-und-Butter-BMWs. Den Spitzenmodellen wird einfach ein M spendiert. Die „echten“ M-Modelle wurden dagegen tatsächlich von der M-GmbH entwickelt. Das sind Hochleistungsmodelle für besonders versierte und sportliche Fahrer. Diese müssen dann im Alltagsbetrieb Nachteile in Kauf nehmen, wie etwa teurere Reparaturen, kürzere Wartungsintervalle, weniger Reichweite und eingeschränkten Fahrkomfort. Audi macht diese Unterscheidung mit seinen S- und RS-Modellen nach.
Hoher Zuschlag
Der neue M550i kostet 82.700 Euro. Das sind 22.400 Euro mehr als ein 540i xDrive mit 340 PS. Dieser heftige Aufpreis deutet an, warum die BMW-Marketing-Abteilung die M-Performance-Modelle in erster Linie erfunden hat: Das „M“ rechtfertigt als Hedonismus-Abzeichen, noch ein paar Euro mehr zu verlangen. In diesem Fall bekommt man dafür aber zusätzlich zwei Zylinder, einen Turbolader, 132 PS und 200 Nm Drehmoment. Damit beschleunigt der grundsätzlich allradgetriebene M550i laut Werksangabe in vier Sekunden auf 100 km/h. Das ist schneller als der M5 der Baureihe F10 (4,2 s), der mit 560 PS immerhin fast 100 PS mehr hatte. Der M550i beschleunigt somit auch die V8-Biturbo-Konkurrenz wie den Audi S6 (4,4 s) und den Mercedes-AMG E 43 4-Matic (4,6 s) aus. Mit 75.000 (Mercedes) bzw. 77.000 Euro (Audi) sind diese beiden direkten Wettbewerber allerdings auch etwas günstiger als der M550i.
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(Bild: alle BMW)
Alle Zahlenspielereien und kritischen Betrachtungen verfliegen aber in der Praxis schnell. Der M550i vermittelt einem genau die Fahrfreude, mit der BMW seit über 50 Jahren wirbt. Der V8-Biturbo zieht ansatzlos, ohne jegliche Verzögerung aus jeder Drehzahl durch. Die Achtgang-Wandlerautomatik beherrscht auch die schnelle Gangart. Man muss gar nicht zu den Schaltpaddles greifen. Das serienmäßige adaptive Fahrwerk, das im Vergleich zum 540i 10 mm tiefergelegt ist, bringt die Leistung souverän auf die Straße. Es ist mit etwas mehr negativem Sturz versehen. Der mit Winterreifen bestückte Testwagen schob nur in viel zu wild angegangenen kurz über die Vorderräder, um dann kurz mit dem Heck zu zucken. Der variable Allradantrieb arbeitet mit dem Torque-Vectoring über Bremseingriffe kongenial zusammen.
Bassiges BrĂĽllen und Schlafmodus
Der M550i schafft so den Spagat aus narrensicherem Fahrverhalten und spielerischem Spaß. Optional kann der M550i noch mit Wankstabilisierung und mitlenkender Hinterachse ausgestattet werden. Die Handlichkeit des M550i beeindruckte bereits ohne diese Ausstattungen. Wenn mit Sportmodus die Soundklappen im Auspuff geöffnet sind kommt dann noch so ein herrlich bassiges Brüllen dazu, dass den kindischen Proleten in uns so diebisch freut. Wenn man dann Frau und Kind abholt und in Komfortmodus schaltet benimmt sich der M550i lammfromm. Der Langstreckenkomfort ist nach wie vor auf sehr hohem Niveau. In diesem Schlafmodus hat man dann auch vielleicht eine Chance, zumindest in die Nähe des NEFZ-Verbrauchs von 8,9 Litern zu kommen. Damit liegt der M550i im Vergleich zum S6 (9,2 l) und AMG E 43 (8,4 l) im Mittelfeld. Wie bei der Konkurrenz gilt auch beim schnellen 5er: Will man die Extraportion Sport wirklich spüren, laufen mindestens drei, vier Liter mehr durch die Spritleitungen.
FĂĽr wen?
Der M550i überzeugt also allen Unkenrufen zum Trotz. Er ist vielleicht die zeitgemäßere, alltagstauglichere Alternative zum M5. Er ist der tatsächliche Business-Express, für den Normalfahrer mit sportlichen Ambitionen. Man fragt sich, was der kommende M5 da noch für den Pilotierer draufpacken soll. Und genau deshalb freuen wir uns so auf den M5-Nachfolger. Vernünftig ist das natürlich alles nicht. Wer Vernunft sucht, sollte einen 530d kaufen. Der reicht aus und verbraucht weniger. Und einen M550d mit Quadturbo gibt es jetzt ja auch noch. Hmm, was soll der eigentlich?