Digitaler Binnenmarkt: EU-Kommission will Plattformen strenger regulieren und die Datenwirtschaft beflügeln

In ihrer Halbzeitbilanz zum digitalen Binnenmarkt kündigt die EU-Kommission eine Initiative "gegen missbräuchliche Vertragsklauseln und unlautere Handelspraktiken" bei Apple, Google und Co. an. Den Kampf gegen Hassbotschaften will sie besser koordinieren.

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EU-Kommission droht Google

(Bild: dpa, Jens Büttner)

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Nachdem die EU-Kommission vor zwei Jahren ihre Strategie für den digitalen Binnenmarkt präsentierte, hat sie 35 Gesetzesvorschläge und andere politische Initiativen dazu vorgelegt. Dabei geht es etwa darum, Schranken beim E-Commerce durch Geoblocking abzubauen, das Urheberrecht zu harmonisieren oder den Rechtsrahmen für audiovisuelle Medien ans Internet anzupassen. Vollzug kann die EU-Kommission in ihrer am Mittwoch präsentierten Bilanz zur Hälfte ihrer Amtszeit aber noch nicht melden. Sie appelliert daher an das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten, die Entwürfe "möglichst bald zu verabschieden, damit in ganz Europa neue Arbeitsplätze entstehen und die Wirtschaft und Innovation in Gang kommen können".

Zugleich hat die Kommission ihr digitales Aufgabenheft fortgeschrieben. Sie kündigte etwa an, bis Ende 2017 eine Initiative "gegen missbräuchliche Vertragsklauseln und unlautere Handelspraktiken" bei Online-Plattformen wie Apple oder Google vorzubereiten. Auch weitere wettbewerbsrechtliche Schritte seien "in diesem Zusammenhang von Bedeutung". Gerade erst hatten europäische Firmen wie Spotify, United Internet oder der Inkubator Rocket Internet beklagt, dass die US-Betreiber von Suchmaschinen und App-Stores darin eigene Produkte besser platzierten und Angebote Dritter unfair behandelten.

Die Kommission hatte zuvor auch strengere Gesetze gegen illegale Online-Inhalte wie strafbare Hasskommentare, Terrorismuspropaganda, Fälschungen oder Material zu sexuellem Kindesmissbrauch erwogen. Hier will sie nun aber doch nicht auf den Spuren von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und seinem "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" wandeln, das zu einer "Löschorgie" führen könnte. Man habe hier "mehrere Dialoge" mit den Plattformbetreibern etwa im Rahmen des umstrittenen EU-Internetforum aufgebaut, heißt es dazu in Brüssel. Diese gelte es nun zunächst "besser zu koordinieren", um "Fortschritte bei den verfahrenstechnischen Aspekten und Grundsätzen für die Entfernung illegaler Inhalte" etwa über Melde- und Abhilfeverfahren auf der Basis "von Transparenz und Schutz der Grundrechte" zu erzielen.

Im Bereich der Datenwirtschaft bereitet die Kommission nach eigenen Angaben eine Initiative "zum grenzüberschreitenden freien Fluss nicht personenbezogener Daten" und eine für Open Data bei öffentlichen und mit Steuergeldern finanzierten Informationen vor. Zudem will sie bis zum Herbst ihre Cybersicherheitsstrategie und den Auftrag der Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) überprüfen. Ein besonderer Schwerpunkt soll dabei auf Normen für das Internet der Dinge liegen.

Die Halbzeitanalyse hatte die Kommission zunächst versehentlich als Word-Dokument mit nachverfolgbaren Änderungen online gestellt und erst später durch das finale PDF ersetzt. Die Piratin Julia Reda hat die Ursprungsdatei aber online gestellt und beklagt, dass im letzten Schritt vor allem Industrielobbyisten obsiegt hätten. (kbe)