WannaCry & Co: Grüne wollen "IT-Sicherheit für alle"

Die Grünen im Bundestag fordern eine "echte Kehrtwende in der IT-Sicherheits- und Datenschutzpolitik". Sie plädieren für eine "echte Verschlüsselungsoffensive", ein Aus für Massenüberwachung und erweiterte Haftungsregeln.

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WannaCry & Co: Grüne wollen "IT-Sicherheit für alle"
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Die Bundestagsfraktion der Grünen hat am Dienstag ein Strategiepapier veröffentlicht, in dem sie die Stärkung der "Sicherheit im Digitalen" sowie der Grundrechte fordert. Angesichts der permanenten "Hacking-Angriffe auf den Bundestag, auf Parteien und das Bundeskanzleramt" sowie auf Unternehmen und das Internet of Things sei das eine "zentrale Herausforderung" für die IT-Infrastruktur und Kommunikationssysteme.

Das Papier wurde Ende April beschlossen, also vor dem aktuellen Angriff mit dem Erpressungstrojaner "WannaCry". Die Grünen wollen sich demnach "für IT-Sicherheit für alle einsetzen", wobei "der Erhalt von Freiheit" und "Bürgerrechten im Vordergrund stehen" müsse. Als Richtschnur solle dabei die "Schutzpflicht des Grundrechts" dienen, Vertraulichkeit und Schutz der Systeme für alle zu gewährleisten". Es könne nicht nur darum gehen, Wirtschaftsunternehmen zu schützen.

Den Regierungen unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "der vergangenen zwölf Jahre" werfen die Abgeordneten vor, "bei der IT-Sicherheit kläglich versagt" zu haben. Sie tue vor allem so, "als habe es die zahlreichen Erkenntnisse aus dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum geheimdienstlichen Abhör- und Ausspähskandal nie gegeben". Überwachungsbefugnisse seien sogar "massiv ausgebaut worden". Zudem kaufe und nutzt die Bundesregierung für Überwachungsmaßnahmen weiterhin das Wissen über besonders gefährliche IT-Sicherheitslücken wie "Zero-Day-Exploits", statt diese zu schließen.

Die Grünen-Fraktion macht sich daher für eine "echte Kehrtwende" und "eine echte Verschlüsselungsoffensive". Dazu gehöre "echte Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen bei allen IT-Großprojekten und mehr Engagement für die Forschung und Entwicklung" von Kryptografie. Zudem fordern die Grünen, die Internetzugangsprovider zur sicheren und verbraucherfreundlichen Verschlüsselung der Kommunikation ihrer Kunden zu verpflichten. Hintertüren für Geheimdienste lehnen sie entschieden ab. Die nicht aus dem Knick kommende Entschlüsselungsbehörde Zitis gehöre "auf den Prüfstand".

Parallel fordern die Grünen "die Abkehr vom System der Massenüberwachung". Die Reform der Befugnisse des Bundesnachrichtendiensts (BND) zur "Ausland-Ausland-Überwachung" sei verfassungswidrig und müsse gestoppt werden. Die umstrittene Praxis der strategischen Fernmeldeüberwachung mit dem Datenstaubsauger könne "in der gegenwärtigen Form nicht fortgesetzt werden". Unbescholtene Nutzer würden damit vor allem bei massenhaft überwachten Internetverkehren allzu oft "Beifang".

Die Grünen wollen eine "übergreifende Ressortverantwortlichkeit" für IT-Themen schaffen, die IT-Sicherheit aus dem Bundesinnenministerium lösen, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) unabhängig machen und das IT-Sicherheitsgesetz auf "weniger sensible Gesellschaftsbereiche" ausdehnen. Ferner regt die Fraktion an, Haftungsregeln erweitern. Regelungslücken sieht sie hier etwa bei fahrlässig implementierten oder nicht beseitigten Sicherheitslücken von Herstellern, der Verkäuferhaftung bei Hard- und Software sowie von Diensteanbietern und im Internet der Dinge. (vbr)