Analyseprogramm erkennt Abgasbetrugssoftware

Wissenschaftler unter der Leitung von Thorsten Holz vom Bochumer Horst-Görtz-Institut der Ruhr-Universität Bochum und der University of California in San Diego melden eine erste Einblicksmöglichkeit in die Programmcodes von Motorsteuerungen

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Fiat 500X
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Von
  • Florian Pillau

Wissenschaftler unter der Leitung von Thorsten Holz vom Bochumer Horst-Görtz-Institut der Ruhr-Universität Bochum und der University of California in San Diego melden eine erste Einblicksmöglichkeit in die Programmcodes von Motorsteuerungen. Künftig soll damit einfacher als bisher betrügerischer Code aufgespürt werden können, wie er von Volkswagen beim sogenannten Abgasbetrug eingesetzt wurde. Dazu haben die Forscher 900 verschiedene Versionen der Motorsteuerungssoftware von Volkswagen und Fiat Chrysler aus den vergangenen acht Jahren untersucht.

Einen ersten Schritt haben die Forscher geschafft. Bis ihr Programm jeden Motorsteuerungs-Code durchblickt, wird es noch dauern. 

(Bild: FCA)

Alle Softwareversionen laufen auf dem von Bosch zugelieferten Motorsteuergerät EDC17, das Volkswagen und Fiat in verdächtigen Diesel-Pkw einsetzten. Um möglichst viele Versionen zu erfassen, haben sie die Programme nicht nur von den Herstellern sondern auch von Tuningfirmen bezogen. 400 der 900 Programmcodes enthielten eine Funktion zur Prüfstandserkennung, welche die Abgasreinigung auf dem Prüfstand aktiviert und unter normalen Fahrbedingungen wieder abschaltet.

Die Wissenschaftler haben dazu ein Programm geschrieben, „mit dem man gewissermaßen erstmals in diese Blackbox schauen“ kann, sagt Holz. Er konnte damit nachweisen, dass beim Fiat 500X eine programmierte Zeitschaltuhr als ausgesprochen primitives, gleichwohl aber wirkungsvolles „Defeat Device“ dient. Bisher konnte man das nur vermuten, indem man das Verhalten der Abgasreinigung auf dem Prüfstand und auf der Straße verglich. Dabei war aufgefallen, dass sie sich immer genau nach 22 Minuten abschaltete. Ein Prüfstandslauf dauert exakt 20 Minuten. Volkswagen verwendete eine intelligentere Prüfstandserkennung, bei der unter anderem Beschleunigungsphasen und der Lenkwinkel zur Erkennung benutzt werden.

Die Computerexperten aus Deutschland und den USA werden ihr Analysetool gemeinsam mit ihren US-amerikanischen Partnern auf dem „IEEE Symposium on Security and Privacy“ (22. bis 24. Mai 2017 in San Jose, Kalifornien) präsentieren. Das Fernziel der Wissenschaftler ist die Fähigkeit, Motorsteuerungssoftware beliebiger Hersteller automatisch analysieren zu können.

Um herauszufinden, ob in Motorsteuergeräten Programme zur Prüfstandserkennung verwendet werden, sind in den rund eineinhalb Jahren seit dem Abgasbetrug durch Volkswagen etliche Modelle verschiedener Hersteller erneut auf die Prüfstände geholt und mit RDE-Messgeräten auf die Straßen geschickt worden. Es hat Monate gedauert, nur die unter Verdacht stehenden Modelle zu testen, weil es keinen Weg gab, die Software auf den Geräten gezielt nach entsprechendem Code zu durchsuchen. Die Autos waren gewissermaßen Black Boxes und Indizien auf betrügerische Abschnitte im Code konnten nur indirekt gesammelt werden. (fpi)