Oxford-Studie: Computergestützte Propaganda untergräbt die Demokratie

Social Bots und andere Formen automatisierter politischer Kommunikation spielen in vielen Ländern eine immer wichtigere Rolle gerade im Wahlkampf und in Krisen, haben Internetforscher herausgefunden. Sie fordern, soziale Netzwerke anders auszurichten.

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Facebook und Twitter

(Bild: Alex Schröder CC-BY-SA 2.0<br>)

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Zwölf Wissenschaftler haben über Jahre hinweg im Rahmen eines Forschungsprojekts am Internet-Institut der britischen Universität Oxford am Beispiel von neun Ländern untersucht, wie soziale Medien für die Manipulation der öffentlichen Meinung eingesetzt werden. In ihrer jetzt veröffentlichten Studie schlagen sie Alarm. Ihr Resümee lautet: "Computergestützte Propaganda ist zu einer der mächtigsten Waffen gegen die Demokratie geworden."

Die Betreiber sozialer Netzwerke seien zwar in der Regel nicht die Schöpfer dieser "scheußlichen Inhalte", sie böten diesen aber eine Plattform und müssten diese signifikant umgestalten, wenn die Volksherrschaft überleben solle. Denkbar sei dafür etwa, den Wahrheitsgehalt von Nachrichten automatisch oder durch unabhängige Institutionen zu bewerten sowie Filterblasen durch eine breitere gezeigte Meinungsvielfalt entgegenzuwirken.

Die Forscher definieren computergestützte Propaganda als "den Einsatz von Algorithmen, Automatisierung und menschlicher Selektion, um absichtlich irreführende Informationen über soziale Mediennetzwerke zu verbreiten". Um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen, haben die Wissenschaftler Millionen von Beiträgen auf sieben einschlägigen Plattformen wie Facebook, Twitter und Weibo aus den Jahren 2015 bis 2017 aus Brasilien, China, Deutschland, Kanada, Polen, Taiwan, Russland, der Ukraine und den USA untersucht sowie 65 Experteninterviews durchgeführt.

Dem Ergebnis nach werden soziale Medien verstärkt aktiv für die Meinungsmache verwendet. In autoritären Staaten dienten die Netzwerke dabei "hauptsächlich als Mittel der sozialen Kontrolle". Am weitesten vorangekommen sei hier China, wo die Betreiber zudem selbst die Inhalten auf ihren Seiten überwachen müssten. Die Studie zu Taiwan zeige zudem, dass Peking auch über die eigenen direkten Staatsgrenzen hinweg Bürger auf Online-Plattformen massiv zu beeinflussen suche und dabei auf eine stark koordinierte, nicht rein automatisierte Propaganda setze. Die Kombination von "Bots und Trollen" haben die Autoren auch generell als besonders effizient ausgemacht.

In Russland werden laut der Analyse schon 45 Prozent der Twitter-Aktivitäten von "hoch-automatisierten Konten" verwaltet. Mit anderen Worten: die Meinungsmacher haben dort bereits vielfach das Sagen, ein ernsthafter Diskurs ist nicht mehr möglich. Nicht viel anderes gestalte sich die Situation im russischen Netzwerk VKontakte (VK).