Dieselgipfel: Spielraum verspielt

Die Beteiligten des Dieselgipfels tun so, als könnten sie Probleme einfach wegverhandeln. Dafür ist es aber längst zu spät.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Die Teilnehmer des Dieselgipfels haben es einfach noch nicht verstanden. Noch immer nicht. Die Diesel-Abgase sind längst nicht mehr Gegenstand politischer Kompromisse. Alles, was aus dem Auspuff quillt, landet in der Luft – und für diese gibt es Grenzwerte, geltendes Recht, Gerichtsurteile. All dies ist nicht verhandelbar. Die Politik hat ihren Gestaltungsspielraum verspielt. Es ist vollkommen wurscht, worauf sich die Kungelrunde nun geeinigt hat. Die einzige relevante Messlatte ist es, den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm NOx pro Kubikmeter Luft in den Städten dauerhaft zu unterschreiten.

Wenn Regierung und Hersteller nun meinen, ein Softwareupdate und die damit verbundene Senkung von 25 bis 30 Prozent der NOx-Emissionen reichen dazu aus – viel Erfolg. Aber falls das nicht funktioniert, sollten sie wenigstens einen Plan B haben, etwa in Form einer blauen Plakette. Doch hier steht Bundesautoverkehrsminister Alexander Dobrindt nach wie vor auf der Bremse. Das bedeutet: In diesem Fall werden eben Gerichte die Wagen aus dem Verkehr ziehen, etwa durch Fahrverbote oder durch Entziehung der Zulassung. Dabei ist es vollkommen irrelevant, welche Zugeständnisse die Autobauer der Politik nun aus dem Kreuz geleiert haben. Ein Hoch auf die Gewaltenteilung.

Schon dass auf einem Diesel-Gipfel überhaupt über Fragen wie Hardware- oder Software-Nachrüstung diskutiert wird, ist ein Witz. Es ist doch nicht Aufgabe der Politik, in die Feinheiten des Motormanagements hineinzuregieren. Es ist ihre Aufgabe, realitätsnahe Testverfahren einzusetzen und mit konsequenten Sanktionen zu belegen. Dann würde sich auch die Debatte darüber erledigen, ob der Diesel nun tot, halbtot oder untot ist. Wenn die Hersteller ihn wirklich sauber bekommen, warum nicht? Technisch ist das mit entsprechendem Aufwand schließlich machbar. Aber ob sich das auch lohnt oder ob man das Geld nicht besser in eine Batteriezellenfertigung steckt, das müssen die Autobauer schon selbst entscheiden. Noch nie ist es der Politik gelungen, eine Branche durch Protektion vor sich selbst zu schützen.

Politiker sind durch ihren Amtseid dem Gemeinwohl verpflichtet. Es überschneidet sich in gewissen Teilen durchaus mit dem Wohl der deutschen Autoindustrie. Aber es ist bei weitem nicht deckungsgleich. Wäre schön, wenn das in Berlin endlich mal sacken würde.

Allerdings lässt die Tatsache, dass die Kontrolle weiterhin beim Kraftfahrtbundesamt angesiedelt sein soll, wenig hoffen. Die Behörde hat schließlich schon hinlänglich bewiesen, dass sie es nicht kann. Wahrscheinlich heißt es dann in ein paar Jahren: Überraschung – Otto-Direkteinspritzer haben ein Feinstaubproblem. Wir brauchen einen Benzin-Gipfel! (grh)