Vornehm zurückhaltend

Fahrbericht Mercedes X 250d 4Matic

Der Mercedes Pickup teilt sich die Architektur mit dem Nissan Navara, allerdings haben die Mercedes-Designer kräftig an der Optik der X-Klasse gefeilt. Sein Der 190 PS leistende Vierzylinder-Diesel hält sich vornehm zurück, auch bei der Fahrdynamik

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Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

Der Mercedes Pickup teilt sich die Architektur mit dem Nissan Navara, allerdings haben die Mercedes-Designer kräftig an der Optik der X-Klasse gefeilt. „Ich habe gesagt, ich brauche eine satte Breite", erklärt Designer Kai Sieber. So wurde der Mercedes Pickup sieben Zentimeter breiter als der Nissan Navara und auch die Karosseriegestaltung unterscheidet sich deutlich. Das könnte für die anvisierte Lifestyle-Klientel durchaus entscheidend sein.

Wie der Nissan Navara hat auch die X-Klasse einen Leiterrahmen und eine Starrachse hinten, die mit Schraubenfedern und Mehrlenkeranbindung einen guten Fahrkomfort liefert – jedenfalls verglichen mit den sonst üblichen Blattfedern. Die Lenkung ist überraschend leichtgängig, bietet aber wenig Rückmeldung. Bei der Geräuschdämmung legten die Mercedes-Ingenieure noch eins drauf, was zu einer angenehmen Ruhe in der Doublecab-Kabine (vier Türen und Rückbank) führt. Der 190 PS leistende Vierzylinder-Diesel von Nissan mit 2,3 Litern Hubraum hält sich auch bei forcierter Autobahngeschwindigkeit vornehm zurück.

So wird man nicht Erster an der Baustelle

Das gilt allerdings auch für das Temperament. Bis es bei einem Kickdown bei 60 km/h vorwärtsgeht, verstreichen gefühlte Sekunden, ehe sich der Selbstzünder mit hohen Drehzahlen und Geheul ins Zeug legt. Dynamik fühlt sich anders an, die 450 Nm, die zwischen 1500 und 2500 Touren anliegen, spürt man so kaum. Die Siebengang-Automatik aus dem ursprünglichen Nissan-Modell ist offenbar auf traktionsorientiertes Fahren (mit Anhänger oder im Gelände) abgestimmt. Es raubt dem Pickup auf der Straße das angesichts der Papierwerte eigentlich erwartbare Temperament.

Beim Beschleunigen aus dem Stand ist nach 11,9 Sekunden Landstraßentempo erreicht und bei 175 km/h hört der Vortrieb auf. Bei den Testfahrten zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittverbrauch von 8,4 Litern an, was vergleichsweise nahe am angegebenen Wert von 7,9 Litern liegt. Das entspannte Dahingleiten mit leichtem Gasfuß ist ohnehin die Stärke der X-Klasse 250d 4Matic, schließlich ist der Mercedes-Pickup ein globales Auto und in den meisten Regionen wird nicht so Tempo gemacht wie hierzulande.

Erst später zieht mehr Daimler in die X-Klasse

Man kann die X-Klasse mit Standardantrieb ordern. Falls man einen Allradantrieb bestellt, muss man ihn bei Bedarf mit einem Drehschalter aktivieren. „Die Pickup-Kunden wünschen dieses manuelle Umschalten“, erklärt Dr. Marion Friese, Marketingleiterin bei Mercedes-Benz Vans. Eine überraschende Erklärung angesichts des kommenden Modells mit Daimlers permanentem Allradantrieb: Mitte nächsten Jahres wird mit der Version 350d 4Matic eine Variante angeboten, die eher auf den deutschen Geschmack zugeschnitten ist: Permanenter Allradantrieb, Torque Vectoring, Drei-Liter-Sechszylinder 258 PS und 550 Nm mit Mercedes-eigener Siebengangautomatik („7G-Tronic“). Das sollte zu einem deutlich energischeren Antritt reichen.

Bei den Assistenzsystemen bietet die X-Klasse gemessen am üblichen Standard des Pickup-Segments einiges, darunter eine 360 Grad-Surroundkamera, einen Spurhalte- und den Verkehrszeichen-Assistenten sowie LED-Licht. Allerdings fehlt ein Totwinkel-Assistent, der bei einem solchen Fahrzeug durchaus hilfreich wäre.

Im Innenraum ist das Bemühen der Mercedes-Designer sichtbar den Premium-Anspruch gerecht zu werden, zumindest in den gut ausgestatteten Versionen: Das Armaturenbrett ist mit Leder überzogen und die große Rahmenspange an der Mittelkonsole besteht aus Aluminium. Im Fond ist die Kopffreiheit für Erwachsene jenseits einer Körpergröße von 1,85 Metern begrenzt. Zudem ist die Lenksäule nicht in der Länge verstellbar. Mercedes verzichtet darauf „zugunsten eines ausgewogenen Preis-Leistungs-Verhältnisses“, so Entwickler Fränky Schumacher.

Das bringt uns zu den Preisen: Die X-Klasse 220d mit 163 PS und manueller Sechsgangschaltung kostet 37.295 Euro und die die gefahrene Mercedes X-Klasse 250d 4Matic ist nicht unter 41.781 Euro zu haben. Zum Vergleich: Der Nissan Navara kostet in vergleichbarer Version als „Double Cab 4x4 2,3l dCi“ mit 190 PS und Siebengang-Automatikgetriebe 39.765 Euro (fpi)