Wozu 80.000 Euro für einen Audi RS 4 Avant ausgeben?

Klartext: The Real GT

Schnelle Kombis sind die eigentlichen GT-Wagen, denn während die Maseratis dieser Welt in leeren Hallen am Batteriejogger vereinsamen, fressen Autos wie Audis RS 4 Avant Kilometer, als gäbe es morgen keine. Sie schaffen den GT-Spagat einfach besser

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Die Idee des schnellen Kombis fand ich schon immer toll. Das liegt daran, dass ich erstens die Idee des Kombis an sich schon immer gut fand und zweitens daran, dass ich die Idee von „schnell“ schon immer mochte. Wir hatten einen Passat der ersten Generation. Der war zwar nicht schnell, aber immerhin ein sehr guter Kombi. Ich führte bald die Sitte ein, nach dem Schwimmbad ohne Umziehen zum Auto zu gehen, die Sitze umzulegen, dort die Handtücher auszubreiten und sich liegend nach Hause chauffieren zu lassen. Man erhebe gern den mahnenden Zeigefinger, erspare allen Beteiligten aber die Beschwerde. Uns ist denke ich allen klar, dass das wahrscheinlich schon damals weder besonders sicher noch besonders erlaubt war. Bis heute schüttelt sich auch mein Schädel von allein, wenn ich Rücksitzlehnen sehe, die in einem Kombi nicht in eine Ebene mit dem Kofferraum fallen, sondern umgeklappt im uninspiriert-nutzlosen Winkel auf den Sitzpolstern herumlungern.

Denn das Herumliegen im Kofferraum ist im Stand genauso schön, aber viel nützlicher als in Fahrt. Rechts das Gepäck, links eine Matratze, fertig ist ein Camping-Fahrzeug, das meine Ansprüche abdeckt, die da lauten: Muss schnell fahren, will kein Zelt aufbauen. Zelte sind was für Kulturen, die den Kombi noch nicht erfunden haben. Meine erste größere Autoreise passierte mit 18 Jahren in einem Opel Vectra (Limousine) voller Surfbretter. Ich kann über dieses vielgehasste Auto hauptsächlich Gutes berichten, es zeigte mir aber, was ich eigentlich wollte.

Was Zelte nicht können

Meine zweite größere Autoreise fand daher in einem Ford Focus Turnier statt, dessen Sitzbank man flach umlegen konnte. Er prägte meine Verachtung für Wattiefen in technischen Daten, die kaum über ein paar Mikrometer hinausgehen, denn ich fuhr den Wagen zur „Jahrhundertflut“ durch alle Furten, die der Regen sich ausdachte, was ziemlich viele waren. Nachts suchte ich High Ground. Ich erinnere mich an einen Campingplatz, auf dem ich morgens die Tür öffnete und eine über Nacht angekrochene Wattiefe vorfand, auf die ich ohne Kaffee so wenig Lust hatte wie ein Fiat 500X (220 mm) oder wie auf einen 500X. Ich zog im Kofferraum Schuhe an, fuhr vom Platz und frühstückte trocken in Ruhe anderswo. So was kann ein Zelt einfach nicht.

Was jedoch auch dem Ford fehlte, war Leistung. Ich fahre ganz gern Auto, wenn die Straßen leer und kringelig werden. Das Fahrwerk war Ford-typisch schon damals ganz okay, vor allem für die Preisklasse, aber obwohl ich beim Umstieg aus dem Vectra zunächst im Leistungsrausch schwelgte mit den unfassbaren (knapp) dreistelligen PS-Zahlen des Focus, verflog dieser so schnell wie der jeder gefährlicheren Droge. Ich wollte mehr. Ich brauchte mehr. Ich erinnerte mich sehnend daran, was ich mir seit der ersten Wahrnehmung solcher Fahrzeuge wünschte: einen Kombi mit Fahrwerk und Leistung, viel Leistung.

Vorteile des freien Schreibers

Trotz all dieser Geschichte bin ich tatsächlich noch nie einen Audi RS 4 Avant gefahren. Bis heute. Als ich mit Chefredakteur Martin über die Gelegenheit sprach, die neue Generation fahren zu können, schlug er die sinnvolle Variante vor: Warten, bis das Modell in Audis Fuhrpark steht für einen ausführlichen Test mit Verbrauch, Getränkekisten und allem. Aber als ich Audi anrief, um abzusagen, antworteten sie mit „Fuhrpark wird so etwa vier Monate dauern“, was wiederum dazu führte, dass ich umgehend meine Absage absagte und, um es abzukürzen, hier sitze ich jetzt im RS 4 Avant, nicht ganz nach Absprache, aber glücklich.