Deutsche sehen Diesel-Fahrverbote kontrovers, geringes Vertrauen in Autoindustrie

Sollen schmutzige Diesel-Fahrzeuge in deutschen Städten mit einem Fahrverbot belegt werden dürfen? Einer Umfrage zufolge sind die Deutschen kurz vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes gespaltener Ansicht – und hegen Misstrauen gegen die Autobauer.

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Blaue Umweltplakette soll kommen ? Diesel bleibt billiger als Benzin. Porsche Auspuff, Autostadt

(Bild: Kristina Beer)

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  • dpa
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Die Deutschen sind in der Frage drohender Fahrverbote für Dieselautos in Städten tief gespalten. Vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts am morgigen Donnerstag äußerten 43 Prozent der Bürger in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, sie fänden solche Verbote eher gut oder sogar sehr gut. Genauso viele meinten bei der Befragung im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur jedoch, Diesel-Fahrverbote wären in bestimmten Kommunen eher schlecht oder sehr schlecht.

Damit sind Befürworter und Gegner gleichauf – wobei der höchste Einzelanteil auf diejenigen entfällt, die Fahrverbote für Dieselwagen für "eher gut" halten (24 Prozent). Eine Mehrzahl der Befragten glaubt aber, dass die Autoindustrie nicht genug für die Umwelt tut.

Die obersten deutschen Verwaltungsrichter in Leipzig prüfen frühere Urteile aus Stuttgart und Düsseldorf. Das Stuttgarter Gericht hatte Fahrverbote die "effektivste" Maßnahme genannt, um den städtischen Gesundheitsschutz zu verbessern. Das Düsseldorfer Gericht urteilte, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge müssten "ernstlich geprüft" werden. Bisher ist allerdings noch unklar, wie die Verbote überhaupt umgesetzt werden können.

Unabhängig von der konkreten Aussicht auf Fahrverbote insbesondere für ältere Diesel, die zu viel giftige Stickoxide (NO2) ausstoßen, haben große Teile der Bevölkerung nur noch wenig Vertrauen in die Umwelt-Anstrengungen der Autobauer. 70 Prozent der Umfrageteilnehmer erklärten, sie seien nicht der Meinung, dass die Branche bisher genug unternommen habe, um möglichst abgasarme Fahrzeuge anzubieten. Nur 15 Prozent hielten die Maßnahmen bislang für ausreichend.

Von der deutlichen Mehrheit der Kritiker wiederum äußerten 87 Prozent ein eher geringes oder sehr geringes Vertrauen in die Autohersteller, wenn es darum geht, in den nächsten drei Jahren mit mehr abgasarmen Modellen nachzubessern. Ein eher großes Vertrauen gaben 9 Prozent an, ein sehr großes Vertrauen nur 1 Prozent der Umfrageteilnehmer.

Sehr große oder eher große Sorgen um die eigene Gesundheit wegen zu schlechter Luft durch Autoabgase machen sich 29 Prozent der Menschen. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) gaben demgegenüber an, eher geringe oder nur sehr geringe Befürchtungen zu haben, dass sie persönlich unter den Emissionen des Autoverkehrs leiden könnten.

Ein Umweltmediziner hatte die Grenzwerte kürzlich aus medizinischer Sicht als überzogen bezeichnet. Die aktuellen NO2-Grenzwerte seien mit einem Sicherheitsfaktor ausgestattet, der von Politik und Gesellschaft so gewollt sei, habe aber aus medizinischer Sicht keine Relevanz. Feinstaub sei deutlich gefährlicher.

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Und ist ein Elektroauto eine Alternative für die Innenstadt – auch um die eigene Schadstoffbilanz zu verbessern? Die meisten Befragten (60 Prozent) sagten, sie hätten sich bisher noch nicht über den möglichen Kauf eines E-Fahrzeugs informiert. 34 Prozent bejahten diese Frage – wobei ein Fünftel (20 Prozent) das Internet nutzte, aber nur wenige (6 Prozent) sich ein entsprechendes Modell beim Händler ansahen.

Um wirklich Interesse an einem Elektroauto zu haben, müssten aus Sicht vieler Menschen noch mehr Anreize für den Umstieg geschaffen werden. Über ein Drittel (34 Prozent) wünscht sich mehr öffentliche Ladesäulen, etwas weniger (31 Prozent) mehr Lademöglichkeiten in Wohngebieten. Steuervorteile wären für 30 Prozent der Befragten interessant, 27 Prozent sähen höhere Kaufprämien positiv. Die SPD hatte jüngst ähnliche Kaufanreize gefordert. Im Koaltionspapier hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, elektrisch betriebene Taxis und leichte Nutzfahrzeuge stärker fördern zu wollen.

Die Alternative zu privaten Kraftfahrzeugen, der öffentliche Nahverkehr, wurde in der Umfrage nicht aufgegriffen. Derzeit läuft eine kontroverse Diskussion, ob öffentliche Verkehrsmittel in deutschen Städten kostenfrei angeboten werden könnten.

Die Online-Umfrage wurde von dem britischen Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov zwischen dem 16. und 19. Januar durchgeführt. Befragt wurden 2027 Personen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind daher repräsentativ für die deutsche Bevökerung ab 18 Jahre. (olb)