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SXSW 2018: Autonomes Fahren

Auf dem Innovationskongress South by Southwest wird deutlich, dass vollkommen autonomes Fahren so bald nicht kommen wird. Die Ursachen sind nicht nur technischer Natur, sondern liegen auch im gesellschaftlichen Bereich

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Von
  • Stefan Grundhoff
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Die Werbung so manchen Autoherstellers mag einem vorgaukeln, dass wir kurz davorstehen, autonom unterwegs zu sein. Doch auch wenn die Assistenz- und Sicherheitssysteme in den Fahrzeugen immer besser werden, einen, unterstützt von Kameras und zahllosen Sensoren, auf der Fahrbahn halten, vor Kreuzungsverkehr warnen oder toten Winkeln den Schrecken nehmen – der Weg zum autonomen Fahren ist noch lang. Das wird auch auf dem Innovationskongress South by Southwest (SXSW) in Austin / Texas deutlich.

„Bei uns in Indien hält sich niemand an die Verkehrsregeln. Es wird einfach über die Straße gelaufen, es gibt Radfahrer, Tiere und Roller. Wann werden wir autonom fahren können – in zwei bis drei Jahren?“, fragt die junge Inderin in der Diskussionsrunde mit zum Thema autonomes Fahren mit Wilko Stark, bei Daimler verantwortlich für Strategie und Produktplanung. Stark hat darauf ebenso keine Antwort wie die drei amerikanischen Experten zwei Stunden vorher im Saal nebenan. Allein die Amerikaner fahren pro Jahr drei Milliarden Meilen mit dem Auto, stehen sieben Milliarden Stunden im Stau und geben rund 1/6 des eigenen Einkommens nur für das Autofahren aus.

Autonom fahrende Autos: Eine ferne Zukunft

„Das Auto ist unser primäres Fortbewegungsmittel“, sagt David Friedman auf dem Podium der SXSW. „Selbstfahrende Autos sind für viele eine bezahlbare Fortbewegung ohne Unfälle. Derzeit ist der Fahrer für alles verantwortlich – das wird sich ändern.“ Der Zeitpunkt, wann Autos autonom über unsere Straßen fahren rückt näher, liegt aber noch in einiger Entfernung. „Zunächst wird das nicht in Autos zu finden sein, die man kaufen kann, sondern in Fahrzeugen von Mobilitätsdienstleistungen“, erläutert Wilko Stark. Der Grund liege nicht zuletzt in einer Sicherheitszentrale, die alle Fahrten koordiniert und überwacht.

Daimler will ein erstes autonomes Fahrzeug im Rahmen seiner verschiedenen Mobilitätsprojekte bis Ende 2020 auf die Straße bringen und folgt damit Firmen wie Waymo oder Ford, die mit ähnliche Testflotten in den USA bereits auf der Straße unterwegs sind und mit Paketlieferdiensten und Carsharing-Angeboten zeitnah in den Kleinserienbetrieb gehen wollen. Bereits im kommenden Monat will der amerikanische Bundesstaat Kalifornien selbstfahrende Autos ohne Lenkräder zu Testzwecken auf den Straßen zulassen. Das lokale Department of Motor Vehicles (DMV) hat jüngst die fehlende Genehmigung erteilt. Im Falle von etwaigen Problemen sollen die Fahrzeuge aus einer Zentrale ferngesteuert werden. Kalifornien ist damit der erste US-Bundesstaat, der autonome Fahrzeuge ohne Lenkrad und Pedale im öffentlichen Straßenverkehr zulässt.

Große Unsicherheit

Die Unsicherheit der Autofahrer beim Thema autonomen Fahren ist groß. So wundert es nicht, dass das Thema der einzig ernsthafte Autoinhalt auf dem SXSW-Kongress ist. „Auf dem Weg zum automatisierten Fahren wird sich noch sehr viel verändern“, sagt Cathy Chase, die sich in den USA seit Jahren in verschiedenen Organisationen für mehr Sicherheit auf Autobahnen und Schnellstraßen einsetzt. „Die Autohersteller treten derzeit auf die Bremse, weil noch viel Arbeit zu tun ist. Die Autos müssen absolut sicher sein, ehe sie auf die Straße kommen.“

Bryan Reimer vom renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) sieht das ganz ähnlich: „Tesla verkauft es als autonomes Fahren, doch das ist es nicht. Es funktioniert sehr gut, ist aber nur automatisiert. Und eines muss klar sein: sicherer als der Mensch am Steuer ist eben für einen Roboter am Steuer noch nicht sicher genug.“ Zuletzt starben im amerikanische Straßenverkehr pro Jahr rund 37.000 Menschen.