Weiter Streit um Kosten der Hardware-Nachrüstung

Industrie und Verkehrsministerium lehnen sie ab, Umweltschützer und Umweltministerium sprechen sich für sie aus: Neue Katalysatoren könnten den Diesel-Schadstoffausstoß stärker drücken. Zu welchem Preis? Die Schätzungen gehen weit auseinander.

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AdBlue-Zusatztank
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  • dpa

Am wirksamsten wäre eine Nachrüstung mit einem ausreichend leistungsfähigen SCR-Katalysator.

(Bild: Florian Pillau)

Hardware-Umbauten an älteren Dieselautos lassen sich aus Sicht des Umweltbundesamts (UBA) sehr viel günstiger vornehmen als vom Bundesverkehrsministerium dargestellt. Behördenchefin Maria Krautzberger sagte dem Spiegel (Ausgabe vom 12. Mai 2018), Untersuchungen ihres Hauses gingen derzeit von einem Kostenrahmen von 2000 bis 3000 Euro je Wagen aus. Eine Analyse von fünf Professoren im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums hatte dagegen eine Größenordnung von mehr als 5000 Euro ergeben – ebenso wie mögliche "Qualitätseinbußen und Kraftstoffmehrverbrauch".

Krautzberger betonte, Nachrüstungen mit modernen Katalysatoren (SCR), die mit Harnstoff und AdBlue-Zusätzen arbeiten, würden deutlich weniger Geld erfordern. "Wir gehen außerdem davon aus, dass nur Diesel-Pkw in Städten mit besonders schlechter Luft nachgerüstet werden müssen." Ein Grund der stark abweichenden Kostenschätzungen im Vergleich zu dem Wissenschaftler-Gutachten für das Verkehrsressort erkläre sich wohl "dadurch, dass Händlerpreise statt Einkaufspreise für die Kalkulation der Einzelkomponenten zugrunde gelegt wurden".

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lehnt Eingriffe an der Hardware alter Dieselfahrzeuge ab und setzt stattdessen – wie die Autobranche – auf Software-Updates. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) forderte hingegen Hardware-Maßnahmen auf Kosten der Hersteller.

Umstritten bleibt indes, welche Summen für Umbauten an Motorsteuerung oder Abgasanlage nötig sind, welche Folgen dies für die Zulassung hätte und für welche Modelle es technisch überhaupt umsetzbar wäre. Niedrigere Stickoxid-Werte sind vor allem nötig, um drohende Fahrverbote für Dieselwagen in vielen Städten vermeiden zu können.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte eine Kostenbeteiligung des Staates an möglichen technischen Nachrüstungen jüngst abgelehnt. Er könne sich nicht vorstellen, Steuergelder hierfür zu mobilisieren. Dies sei eine privatwirtschaftliche Angelegenheit.

Die Wissenschaftler hatten in ihrer Studie für das Ministerium argumentiert, schon Software-Updates brächten "eine signifikante Verbesserung". Sie könnten darüber hinaus "deutlich schneller und überdies flächendeckend im Realverkehr wirksam werden". In einem anderen Gutachten schrieb Georg Wachtmeister von der Technischen Universität München, Umbauten an Motoren von Euro-5-Fahrzeugen seien "mit verträglichem Aufwand möglich". Genannt wurden hier Kosten von rund 3.000 Euro pro Auto.

Die Bundesregierung setzt auf das Programm "Saubere Luft". Damit sollen die Schadstoff-Grenzwerte in den Städten gesenkt werden. Vorgesehen sind etwa Umrüstungen von Bussen oder eine bessere Taktung des Nahverkehrs. Das Programm sieht Mittel von einer Milliarde Euro vor, davon kommen 250 Millionen Euro von deutschen Autobauern.

Bei Volkswagen, das den Abgasskandal 2015 durch Manipulationen in den USA ausgelöst hatte, geht die Aufarbeitung weiter. Ex-Konzernchef Martin Winterkorn wurde in Detroit angeklagt, inzwischen gibt es auch einen Haftbefehl wegen des Verdachts auf Betrug und Verschwörung.

Die US-Klage hat laut Konzernkreisen die Rechtslage für das Unternehmen nicht verändert. Dennoch sei es auch für die zivilrechtlichen Verfahren vergleichsweise wichtig, was Winterkorn in der Abgasaffäre gewusst habe und was nicht, sagte eine informierte Person der Deutschen Presse-Agentur. Denn auch im Fall der Kundenklagen werde vorgetragen, dass Winterkorn erst im September 2015 zweifelsfrei von den Diesel-Manipulationen erfahren habe. Auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen ehemalige und aktuelle VW-Mitarbeiter, etwa wegen Betrugs und Marktmanipulation. (fpi)