Meinung: BMW zwischen Zukunft und Tradition

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Mit quer eingebauten Motoren ist auch der Sechszylinder im 1er dahin. Egal ob ich den 320i (E46) oder den M140i von Kollegen oder den 525d (E61) in der Nachbarschaft höre: Die Sechsender in einen Bereich zu verschieben, den sich nur noch Wenige leisten können, war eine der beknacktesten Ideen, die in den vergangenen Jahren aus dem Vierzylinder-Hochhaus in München gekommen ist. Fahren Sie mal einen 5er-Benziner aus den späten 1990er-Jahren. Wer keinen Unterschied zur Laufkultur der aktuellen BMW-Vierzylinder feststellt, wird auch keine Differenzen bei der Musikwiedergabe zwischen Handy und der Kombination Marantz/Canton Ergo spüren.

Schnelles Fugu

Das soll die momentan verbauten Vierzylinder nicht abwerten, doch die können andere Hersteller eben auch ganz ordentlich bauen – Reihen-Sechszylinder eher nicht. Dass mit mehrfach aufgeladenen Vierzylindern künftig die bisherigen 1er-Sechszylinder-Fahrer geködert werden sollen, kann sich eigentlich nur jemand ausgedacht haben, der mit einem stumpfen Schlachtermesser und viel Schwung mal eben schnell Fugu zubereiten möchte. Keine gute Idee, wenn Sie mich fragen. Ich vermisse den Sound des Sechszylinders im 1er jetzt schon.

Der 3er der Baureihe E46 (gebaut als Limousine 1998 bis 2005) war sicher nicht perfekt, hinterließ bei Verarbeitung und Materialien aber einen tadellosen Eindruck. Der direkte Umstieg in einen der ersten 3er der noch aktuellen Baureihe F30 ließ keinen einzigen Moment des Zweifels zu, in welche Richtung sich dieser Bereich entwickelt hat. Holz aus dem Playmobilwald, Spalten in den Türgriffen, schief geschnittene Kofferraumverkleidungen, Risse in den Favoritentasten, rostende Sitzgestelle, zu kurze Fensterdichtungen, dazu diese unsäglich billige wirkende Umrandung um den Schalthebel: Zwischen E46 und F30 liegen hinsichtlich der oberflächlichen wahrgenommenen Qualität Welten. Das 2015er-Facelift des 3ers hat die Lücke minimal kleiner gemacht, der kommende Dreier schließt sie hoffentlich.

Unruhiges Design

Optisch hat BMW die ruhige Linie verlassen, zu der man zwischendurch zumindest teilweise wieder gefunden hatte. Die Rede ist nicht von den aufgeblähten X4 und X6 oder dem 5er GT. Sie haben nichts von jener Zierlichkeit und Zeitlosigkeit, die Autos in Würde altern lassen. Doch zumindest ansatzweise lässt sich an ihnen noch ein Rest einer BMW-Design-DNA erahnen. Beim neuen Z4 wird das schon deutlich schwieriger. Vorn hat er etwas von einem Fiat 124 Spider, hinten von einem Mercedes-AMG. Man denke sich den Steg zwischen den Nieren und die Embleme weg – der Z4 wäre nur schwerlich als BMW zu erkennen. Ist das die Zukunft? Ich hoffe nicht, denn zumindest meinem ästhetischen Empfinden bereitet dieser Z4 Unbehagen. Das kann man selbstverständlich anders sehen, doch ich vermute, dass diese extrem unruhige Gestaltung schnell altert.

Als Kombiinstrument dient bald vielerorts ein Display, auch bei BMW. Die Marke schmeißt damit eine jahrzehntelang gepflegte Tradition über Bord wie ein Kipper nicht mehr benötigte Fischreste. Immerhin besteht Hoffnung: So ein Kombiinstrument lässt dem Entwickler viel mehr Freiheiten, vielleicht gibt es ja eine klassische Darstellung. Denn ein Tacho im Balken-Design und ein Drehzahlmesser, der gegen den Uhrzeigersinn läuft, sind glaube ich nicht das, auf was Fans der Marke händeringend gewartet haben.