Hologramme und 5G: Telecom-Firmen buhlen um Autobranche

Daten werden immer wichtiger, auch im Auto. Gute Perspektiven also für Telekommunikationskonzerne. Doch manch Autohersteller geht eigene Wege.

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Hologramm im fahrenden Wagen: Telecom-Firmen buhlen um Autobranche

(Bild: Vodafone)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Wolf von Dewitz
  • dpa
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Es ist dunkel im Innenraum, als der Kleinbus auf einem Testgelände bei Aachen losruckelt. Dann erscheint Hannes Ametsreiter als Abbild in einer Art Video-Telefongespräch.

Vodafones Deutschland-Chef verkündet eine Premiere. Erstmals werde mit dem 5G-Mobilfunkstandard ein Hologramm in ein fahrendes Auto übertragen, erklärt der Manager. Und ergänzt: "Der Fahrersitz wird im Auto der Zukunft zur Fernsehcouch – oder zum Bürostuhl." Vodafone hat in dem Testzentrum 5G-Antennen in Betrieb genommen, um deren Kompatibilität mit Auto-Anwendungen zu testen – und zum Auftakt zur Hologramm-Premiere geladen.

Komplett überzeugend ist die Optik noch nicht. Lange wirkt Ametsreiters Hologramm eher wie ein Display-Bild. Erst als ein Kollege hinter ihm auftaucht, kommt die Dreidimensionalität besser zur Geltung.

Hologramm-Telefonie – nur ein Werbegag oder ernst gemeintes Geschäftsmodell? "Es gibt eine gewisse Möglichkeit, dass diese Services sich in der Zukunft durchsetzen können – wenn sie wirklich gut sind", sagt Ametsreiter. Während der Testfahrt erscheint sein Bild in einem Elektro-Kleinbus der Firma E.Go, der autonome Fahrfunktionen hat. Doch die sind nicht aktiviert. Es sitzt jemand am Steuer und lenkt.

Vodafones Werbeveranstaltung Anfang dieser Woche ist ein Beispiel dafür, dass der Automobilbereich für Telekommunikationskonzerne immer wichtiger wird. Ob Daimler, BMW oder VW – sie alle arbeiten an (teil)autonomen Funktionen, um die Sicherheit zu erhöhen und den Komfort zu verbessern.

Zentral hierfür wiederum ist der Mobilfunkstandard 5G, dessen Vergabebedingungen Ende November von der Bundesnetzagentur festgelegt und deren erste Frequenzen 2019 vergeben werden sollen. Dank 5G sollen Daten zwischen Fahrzeugen, stationären Objekten und mobilen Endgeräten zirkulieren. Die Latenz soll auf eine Millisekunde fallen, das wäre also fast Echtzeit.

Ein Haken an der Sache aus Sicht der Telecom-Firmen: Die Datenströme werden so wichtig, dass Autokonzerne und andere Industrieunternehmen das Zepter weitgehend selbst in der Hand halten wollen. Auf ihrem Werksgelände und in anderen Anlagen planen einige Firmen den Bau und Betrieb ihres eigenen Mobilfunknetzes – damit sie sich im wichtigen Datenmanagement nicht auf externe Dienstleister verlassen müssen.

Möglich machen will das die Bundesnetzagentur, die Teile des Spektrums im hohen und damit sehr leistungsstarken Gigahertz-Bereich an lokale Betreiber vergeben will. Daumen rauf, signalisieren Konzerne wie Volkswagen. Sein Unternehmen sei in Gesprächen mit der Netzagentur, sagt ein Daimler-Sprecher. Lokale Netze im Eigenbetrieb seien "besser in der Lage, hochsensible Anwendungsdaten zu transportieren", erläutert ein BMW-Sprecher.

Dass die Bundesnetzagentur einen Teil der Auktion nicht an bundesweite Bieter geben, sondern für lokale Betreiber reservieren will, sieht die Deutsche Telekom kritisch. "Es tut uns weh, wenn 25 Prozent eines Spektrums im 3,4- bis 3,8-Gigahertz-Bereich für uns nicht freigegeben sind – dadurch fehlt uns Bandbreite und Kapazität", sagt Walter Goldenits, Geschäftsführer Technologie Telekom Deutschland. Einerseits werde von den Telekom-Konzernen ein rascher und umfassender Netzausbau gefordert, andererseits werde das Geschäft mit solchen Sonderregeln erschwert.

Wie Vodafone macht auch die Telekom mit bei einem Testzentrum für autonomes Fahren – am Brandenburger Lausitzring unter Federführung des Prüfkonzerns Dekra. Bis 2019 sollen dort erste 5G-Antennen installiert werden. Telekom-Mann Goldenits setzt darauf, auch Autokonzerne als Kunden zu gewinnen. "Wir suchen den Dialog", sagt er. Konkurrent Telefónica/O2 wiederum beteiligt sich an einem Projekt an der Autobahn A9 zum Einsatz selbstfahrender Autos.

Experten halten die Kritik an der Behörde nicht für gerechtfertigt. Es sei vielmehr eine gute Idee der Bundesnetzagentur, einen Teil der Frequenzen für regionale und lokale Anbieter zurückzuhalten, denn dadurch werde ein "Versuchsfeld für Innovationen" geschaffen, meint Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen. "Dass den etablierten Kräften am Markt das nicht passt, ist klar – sie wollen ihr altes Geschäftsmodell fortschreiben und möglichst wenig Konkurrenz haben."

Ametsreiter gibt sich gelassen. "Wir haben eine Kernkompetenz: Wir können Netze bauen – andere wissen, wie Autos gebaut werden." Einen Kunden unter den Autoherstellern immerhin hat er schon gewonnen: Das Start-up E.Go, in dessen Elektro-Kleinbus Ametsreiters Hologramm erschien, wird in seinem neuen Werk in Aachen von Vodafone an das 5G-Netz angeschlossen.

E.Go ist mit gut 300 Mitarbeitern zwar nur ein Mini-Akteur auf dem Markt, hat als Elektroanbieter aber große Ziele. Ohnehin, so Ametsreiter, seien es unter den Firmen die "kleinen Wendigen", die bei Innovationen "die Schlagzahl vorgeben". (anw)