Kompromiss-Kritik

Opposition und Verbände bemängeln Scheuer Konzept

Opposition und Verbände bemängeln den zwischen Scheuer und Autoindustrie ausgehandelten Kompromiss heftig. Dabei haben zumindest Daimler und VW ihre zugesagten Zuschüsse erhöht. Ist die Kritik berechtigt?

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Andreas Scheuer 4 Bilder
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  • dpa
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Es sind günstige Zeiten für die Opposition. Der glücklose Umgang der Regierung mit dem Diesel-Betrug lässt reichlich Raum für pointierte Angriffe. Und so verwundert es kaum, dass sich der am Donnerstag (8. November 2018) zwischen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und den deutschen Autoherstellern ausgehandelte Kompromiss die erwartbare Kritik einfängt.

Nachgebessert

VW, Daimler und BMW wollen ihre Angebote an betroffene Kunden aufstocken. Die drei Unternehmen hätten fahrzeugbezogen bis zu 3000 Euro für „Mobilitätslösungen“ in den „Intensivstädten“ zugesagt, sagte Scheuer. Dazu können auch die von den Herstellern skeptisch beurteilten Nachrüstungen eines SCR-Kats gehören. Doch die Verantwortlichen in der Autoindustrie wollen daraus nach Möglichkeit kein eigenes Geschäft machen, sondern diese Nachrüstung an externe Firmen auslagern.

Bei Daimler hieß es, die Nachrüstung müsse vom Kraftfahrt-Bundesamt zugelassen werden und nachweislich dazu berechtigen, in bestimmten Städten auch in Straßen mit Fahrverboten einzufahren. VW kündigte an, sich an Hardware-Nachrüstungen zu beteiligen, wenn Kunden dies wünschten. Der Konzern werde sie aber nicht anbieten oder empfehlen. BMW dagegen lehnt Hardware-Nachrüstungen weiter ab. Der Konzern will betroffene Dieselbesitzer aber nach Auslaufen der Umtauschprämien mit 3000 Euro unterstützen – etwa für einen Neukauf.

Nicht vor 2020

Es wird davon ausgegangen, dass Hardware-Nachrüstungen nicht vor 2020 verfügbar sind. Vor diesem Hintergrund sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes, die drei deutschen Hersteller würden für die Zeit nach 2020 sicherstellen, dass Kunden mit Euro-5-Diesel-Altfahrzeugen durch herstellerspezifische Angebote „mobil bleiben“ könnten.

Die Hersteller hatten bereits höhere Preisnachlässe auf den Weg gebracht, wenn Kunden ihre alten Diesel in Zahlung geben und einen Wagen mit der Abgasnorm Euro 6 kaufen. Diese Regelung gilt für 15 „Intensivstädte“ in Deutschland, in denen Schadstoff-Grenzwerte vor allem durch Dieselabgase besonders stark überschritten werden. Die „Umtauschprämien“ laufen je nach Hersteller bis 2019 und 2020. Diese Umtauschaktionen sollen weiterhin im Vordergrund stehen, so Scheuer. Nutzen aber betroffene Dieselbesitzer diese Aktionen nicht, sind weitere Maßnahmen geplant.

Grüne: Tricksen geht weiter

Aus Sicht von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter geht das „Tricksen“ ungeniert weiter: „Minister Scheuer und die Konzernbosse wollen den betrogenen Dieselbesitzern Neuwagen andrehen und verweigern ihnen die Nachrüstung um weitere Jahre.“ Damit seien viele weitere Fahrverbote in Städten mit „dreckiger Luft“ programmiert.

Klaus Müller, Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) sagte: die Zusagen einiger Hersteller, die Kosten für Hardware-Nachrüstung zu übernehmen, seien längst überfällig gewesen. „Dass jetzt doch jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht und sogar einige betroffene Dieselbesitzer ganz leer ausgehen, ist nicht vermittelbar.“ Betroffenen Dieselbesitzern dürften keine Kosten durch Hardware-Nachrüstung entstehen.