Schulen und Glasfaser: Bundestag beschließt Basis für Digitalpakt

Das Parlament hat eine Grundgesetzänderung und einen Finanztopf beschlossen, mit denen Milliarden in Computer an Schulen und Glasfaser fließen sollen.

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Bundestag, Parlament, Reichstag, Bundesregierung, Berlin

(Bild: Jörn Heller, gemeinfrei (Creative Commons CC0))

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Nach zweijährigem Tauziehen hat der Bundestag am Donnerstag das rechtliche Fundament für den seit 2016 angekündigten Digitalpakt für Schulen gelegt. Das Parlament verabschiedete dafür eine Änderung von Artikel 104 Grundgesetz, wonach der Bund den Ländern bei Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur unter die Arme greifen darf. Geplant sind milliardenschwere Ausgaben für Computer, Server, Router, Lern- und Kommunikationsplattformen, interaktive Tafeln sowie schnelles Internet nebst WLAN an Schulen.

Die finanziellen Einsätze des Bundes für die Digitalisierung der Bildungseinrichtungen, für die ursprünglich fünf Milliarden Euro in den kommenden Jahren vorgesehen waren, sollen von den Ländern "in jeweils gleicher Höhe durch Landesmittel" ergänzt werden. Mit abzudecken sind dabei auch "besondere unmittelbare Kosten" der Länder und Gemeinden, die mit der Qualitätssicherung und Leistungsfähigkeit des Bildungswesens direkt verbunden sind. Damit soll sich der Bund etwa auch am "Aufbau einer Systemadministration", der "Schulung des pädagogischen Personals bei Investitionen beispielsweise in die digitale Bildungsinfrastruktur" oder der "Entwicklung gemeinsamer Bildungsstandards" finanziell beteiligen können.

Für den Beschluss war eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig, die mit 580 Ja-Stimmen, 87 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen auch erreicht wurde. Neben den Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD stimmten auch die FDP und die Grünen für die Initiative, nachdem sie die Koalition bei den Verhandlungen ins Boot geholt hatte. Die Linke sagte ebenfalls Ja, nur die AfD war dagegen. Der Bundesrat muss die Grundgesetzänderung ebenfalls noch mit Zweidrittelmehrheit bestätigen, was in der nächsten Plenarsitzung am 14. Dezember erfolgen könnte. Die konkrete Vereinbarung für den Digitalpakt wollen Bund und Länder schon vorab am 6. Dezember unterzeichnen. Die Verfassungsreform ist erforderlich, weil die Länder eigentlich allein die Bildungshoheit haben.

Ob das Vorhaben auch die Länderkammer passiert, steht aber schon wieder in Zweifel. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge haben bereits vier Länder angekündigt, der Grundgesetzänderung im Bundesrat nicht zuzustimmen: Baden-Württemberg mit einem grünen Regierungschef und die unionsgeführten Länder Bayern, Schleswig-Holstein und Hessen.

Gleichzeitig hat der Bundestag den Regierungsentwurf für ein "Digitalfondsgesetz" unverändert beschlossen. Damit sollen das Geld für den Digitalpakt Schulen sowie die von Schwarz-Rot vorgesehenen Fördermittel für den allgemeinen Glasfaserausbau bereitgestellt werden. Damit wollen die Abgeordneten auch "Gigabit-Netze in jede Region" bringen. Für dieses Vorhaben stimmten alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD, die sich enthielt.

Die entsprechenden Großprojekte können nach Regierungsangaben nicht "mit den gegenwärtig verfügbaren Haushaltsmitteln" finanziert werden. Daher wird nun ein "Sondervermögen" zur "Finanzierung von Investitionszuschüssen in die digitale Infrastruktur sowie zur Gewährung von Finanzhilfen an die Länder errichtet". In den Topf sollen vor allem die Einnahmen aus der im 1. Quartal 2019 anstehenden Vergabe von Frequenzen für die kommende 5G-Mobilfunkgeneration durch die Bundesnetzagentur fließen.

Da die Höhe der Einkünfte aus der umstrittenen Auktion noch nicht feststehen, wird der Fonds zusätzlich aus dem Bundeshaushalt mit 2,4 Milliarden Euro "zur Vor- und Anschubfinanzierung" ausgestattet. Damit sollen Förderlücken vermieden und ein "bruchfreier Aufbau" des Sondervermögens gewährleistet werden. Das Gesetz sollte eigentlich schon am 1. Dezember in Kraft treten, muss aber ebenfalls noch durch den Bundesrat. Insgesamt will die große Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2021 zehn bis zwölf Milliarden Euro in die Breitbandförderung stecken. Bislang ist unklar, woher das weitere Geld kommen soll, wenn die Mobilfunker bei der 5G-Versteigerung nicht liefern.

Abgelehnt hat das Parlament einen Antrag der Grünen, schon jetzt aufgrund der "völlig unzureichenden" digitalen Daseinsvorsorge hierzulande einen Rechtsanspruch auf einen breitbandigen Internetanschluss für alle zu schaffen. Schwarz-Rot hält für eine entsprechende Universaldienst-Verpflichtung nach wie vor das selbst ins Spiel gebrachte Jahr 2025 für den richtigen Zeitpunkt, da derzeit maximal 30 MBit/s als Basis festgeschrieben werden könnten.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte bei der Aussprache, dass es sich bei der Digitalisierung von Schulen um "die wichtigste Zukunftsentwicklung in diesem Land" handle, das so nach vorne bewegt werden könne. Eine Grundgesetzänderung sei aber "kein selbstverständlicher Vorgang", sondern eine "durchaus ambitionierte demokratische Veranstaltung". Eine "wichtige Wegmarke" nannte Andreas Jung, Vizechef der CDU/CSU-Fraktion, den Beschluss. Es gehe dabei aber "selbstverständlich nicht darum, dass der Bund die Maßgaben macht, wie in den Schulen gelernt werden soll".

Die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt lobte, dass aus einem Regierungsvorschlag "eine Initiative aus der Mitte des Hauses geworden ist". Es handle sich um einen tragenden Kompromiss. "Es wird möglich, dass nicht nur in Kabel investiert werden kann", sondern auch in Köpfe, also etwa in IT-Administratoren, freute sich dagegen FDP-Chef Christian Lindner. Für die Linke unterstrich Gesine Lötzsch: "Es gilt, den Bildungsnotstand in diesem Land zu beenden." Götz Frömming von der AfD sprach dagegen von "Murks" und einem "Angriff auf die föderale Struktur dieses Staates". Pro Schule kämen heruntergerechnet nur wenige 10.000 Euro an. (axk)