Teilvisionär

Audi AI:ME: Kompaktwagenstudie mit Elektromotor

Mit dem 125 kW starken vollelektrischen AI:ME zeigt Audi, wie sich die Ingolstädter einen Kompaktwagen für die Stadt vorstellen. Die Studie ist für autonomes Fahren vorbereitet und mit neuen Bedienkonzepten bestückt. Doch das Vorbild i3 kann man schon kaufen

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Audi AI:ME 10 Bilder

(Bild: Alle Audi)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christian Lorenz

Audi zeigt auf der Auto Shanghai mit dem Konzeptfahrzeug AI:ME eine Vision, die viele andere längst hatten. Vollmundig kündigt der Hersteller ein neues urbanes Mobilitätskonzept für die Metropolen der Zukunft an. Immerhin scheint es damit auch bei Audi angekommen zu sein, dass übermassige und übermäßig motorisierte Elektro-SUVs wie der e-tron bei der Verkehrs- und Klimawende zu kurz springen.

Der AI:ME erinnert an eine modernere, rundere und gefälligere Interpretation des BMW i3 vom Konkurrenten aus München. Allerdings ist der Stadt-Audi deutlich länger. Mit 4,30 m überragt er den i3 um 29 cm und sogar den aktuellen VW Golf (4,26 m). Mit 4,36 m ist sogar das SUV Seat Ateca nur geringfügig länger. Das ist für ein urbanes Verkehrsmittel der Zukunft ganz schön riesig.

Zwei-Plus-x-Sitzer

Aber Audi rechtfertigt das mit dem neuartigen, großzügigen Innenraumkonzept, das vom 2,77 m langen Radstand profitiert. Wie es in der Pressemitteilung heißt ist der AI:ME als Zwei-Plus-x-Sitzer konzipiert. Wörtlich: „Bei Bedarf finden jedoch bis zu vier Personen vorn und auf der hinteren Sitzbank Platz“. Vier Personen in einem Fahrzeug von Kompakt-SUV-Größe – so richtig sensationell klingt das nicht. Allerdings soll den vier Insassen eine neue Qualität an Bewegungsfreiheit, Ablage- und Bedienkomfort geboten werden. Insbesondere bei autonomen Fahrzuständen, für die der AI:ME bis Level 4 vorbereitet ist. Auf dieser zweithöchsten Stufe des automatisierten Fahrens ist keine Aufmerksamkeit des Fahrers mehr erforderlich. Allerdings ist im Gegensatz zur Stufe 5 das autonome Fahren nur in eingeschränkten Arealen wie Autobahnen oder technisch ausgewiesenen Stadtgebieten möglich.

VR-Brillen und Blicksteuerung

Bewegt sich der AI:ME autonom fahren Lenkrad und Pedalerie ein. Der Fahrer kann dann den Sitz drehen oder seine Füße auf eine Art Ottomane hochlegen. Auch die Fondpassagiere können sich bequem in die fahrende Lounge flätzen. Magnetische Ablageflächen sollen bei einer Brotzeit helfen, indem sie metallene Becher oder Teller fest fixieren. Über VR-Brillen kann man derweil durch das Internet surfen oder einen Film genießen, was die großen Fensterflächen das AI:ME obsolet macht. Der Vergangenheit gehören auch klassische Bedienelemente an. Fast alles wird über einen OLED-Bildschrim gesteuert, der sich unter der Windschutzscheibe über die ganze Fahrzeugbreite zieht. Er funktioniert weitgehend über Blicksteuerung. Weitere Bedienelemente, z.B. im Fond, werden erst sichtbar, wenn man sich ihnen mit der Hand annähert.

125 kW für 100 km/h Spitze

Den Antrieb hat Audi nach eigener Aussage für den Stadtverkehr optimiert. Dass der Elektromotor 125 kW leistet, ist für den Einsatzzweck aber unnötig. Zumal die Höchstgeschwindigkeit des AI:ME laut Audi schon bei knapp über 100 km/h begrenzt werden soll.

Mit einer Speicherkapazität von 65 kWh soll der AI:ME weniger für große Distanzen als für stundenlangen Stadtverkehr gerüstet sein. Das entspricht immerhin fast dem Doppelten dessen, was ein BMW i3 mitbringt (33,2 kWh). So bleibt das Visionäre des AI:ME hinter den Erwartungen zurück. Der Stadt-Audi mit E-Motor kommt als Konzept in Shanghai auf jeden Fall zu spät. Andererseits ist es konzernpolitisch logisch, dass ein vernünftiger Kompakter mit Elektromotor erst mal von der Kernmarke VW kommen muss. Dann erst darf Audi einen i3-Konkurrenten vorstellen. (chlo)