CO2 verteuern – nur wie?

CO2-Steuer oder Ausweitung des Emissionshandels – für beide Instrumente gibt es gute Gründe, aber für eines der beiden bessere.

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Egal, von welcher Seite ich die Energie-Verkehrs-Wärme-Wende aufdrösele – am Ende komme ich immer wieder zur gleichen Erkenntnis: der Preis für CO2 ist zu niedrig. Wäre er höher, würde beispielsweise die Bahn gegenüber Auto und Flugzeug attraktiver, Wind- und Sonnenenergie könnten sich besser gegen fossile Brennstoffe behaupten, die Sanierung von Wohnungen würde sich schneller bezahlt machen, Bürger und Unternehmen hätten einen höheren Anreiz zum Energiesparen.

Lange Zeit verließ sich die Politik allein auf den 2004 eingeführten europäischen Emissionshandel. Allerdings krebsten die Preise lange Jahre bei unter zehn Euro pro Tonne CO2 herum – viel zu wenig für eine deutliche Lenkungswirkung. Zudem müssen bis heute nur Stromerzeuger und einige Industriebranchen Emissionszertifikate kaufen.

Nun ist in der Koalition offenbar ein Streit darüber ausgebrochen, neben dem Emissionshandel noch ein zweites Instrument zu etablieren: eine Kohlendioxid-Steuer. Was wären die zentralen Unterschiede einer solchen Steuer gegenüber dem Emissionshandel?

  • Die Politik könnte die Steuer nach Gutdünken festlegen – im Extremfall etwa auf die 180 Euro, welche die Emission einer Tonne CO2 laut Umweltbundesamt an Klimaschäden verursacht. Im anderen Extrem könnte sie – je nach politischer Stimmungslage – auch so niedrig ausfallen, dass sie niemandem wehtut, allerdings auch nichts bewirkt. Zumindest mittelfristig würde eine fixe CO2-Steuer aber für mehr Planungssicherheit sorgen als die ständig schwankenden Emissionspreise.
  • Die Wirkung einer Steuer auf den gesamten CO2-Ausstoß ist schlecht vorhersehbar. So ist beispielsweise die "Preiselastizität" beim Autoverkehr relativ gering. Das bedeutet: Erhöht sich der Spritpreis um beispielsweise 10 Prozent, sinkt die Nachfrage nur um einen Bruchteil davon. Beim Emissionshandel hingegen lässt sich eine feste Obergrenze einziehen. Um ein bestimmtes Emissionsziel zu erreichen, eignet sich der Emissionshandel also besser.
  • Da der Emissionshandel eine europäische Angelegenheit ist, muss jede Änderung mit den Mitgliedsstaaten abgestimmt werden. Gerade kohlefixierte Länder wie Polen haben sich in der Vergangenheit häufig quergestellt. Eine Steuer hingegen könnte jedes Mitgliedsland selbst beschließen.
  • Der europäische Emissionshandel ließe sich mit dem anderer Länder, etwa China, zusammenschließen. Das würde die internationale Chancengleichheit der Industrie erhöhen und CO2-Schlupflöcher schließen. National unterschiedliche Steuern hingegen würden das Gegenteil erreichen.

Was also ist der aussichtsreichere Ansatz – europäischer Emissionshandel plus nationale CO2-Steuer oder Ausweitung des Emissionshandels auf weitere Bereiche wie Verkehr oder Wärme? Beides geht prinzipiell in die richtige Richtung, aber ich persönliche hege leichte Sympathien für den Handel – nicht zuletzt, weil sich die Politik dadurch das Herumhantieren mit zwei unterschiedlichen Instrumenten erspart. Viele meinen ja, jede Form von Marktwirtschaft im Umweltbereich habe sich durch den zahnlosen Emissionshandel gründlich diskreditiert. Dies halte ich für Unfug. Die Emissionspreise waren anfangs vor allem deshalb so niedrig, weil die Zertifikate viel zu großzügig zugeteilt wurden. Das hat mit Marktwirtschaft wenig zu tun.

Mittlerweile wurden viele Zertifikate dauerhaft vom Markt genommen. Seit Anfang 2018 stiegen die Preise dadurch auf zeitweise mehr als 25 Euro. Die EU hat also durchaus gezeigt, dass sie in der Lage ist, den Markt innerhalb gewisser Bahnen zu steuern. Warum also nicht das System, wo es nun endlich zu funktionieren scheint, ausweiten auf alle fossilen Brennstoffe? Beispielsweise, indem alle Händler oder Hersteller entsprechende Zertifikate kaufen müssen, deren Kosten sie dann an ihre Kunden weiterreichen können. Der bürokratische Aufwand wäre gering, denn durch die Mineralölsteuer werden die Mengen ohnehin bereits erfasst.

Wenn sich das europäische System dann auch noch mit anderen zusammenschließen, würde der Markt durch seine schiere Größe noch effizienter. Umso ambitioniertere Ziele kann man sich setzen – schließlich würden Emissionen zunächst dort eingespart, wo es am wenigsten kostet (also niedrig hängende Früchte ernten). Dass die Einsparungen beim Verkehr dann möglicherweise niedriger ausfallen als etwa bei der Gebäudedämmung, ist kein Gegenargument. Dem Klima wäre das egal.

(grh)