Uber und Volvo passen einfach nicht zusammen

Klartext: Uberschlagsrechnung

Volvo gab vor einigen Tagen die Pressemeldung heraus, man habe einen XC 90 mit Uber-Technik "serienreif" da stehen. Nachdem die Uber-Technik hauptsächlich aufs Dach montiert wird, ist das ja auch nicht so schwierig. Dennoch hoffe ich, dass Volvo Abstand zu Uber sucht

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Volvo XC90 5 Bilder

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Clemens Gleich
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Volvo und Uber haben die Früchte ihrer seit 2016 bestehenden Zusammenarbeit in eine Pressemitteilung gegossen: Sie kündigt an, ein „autonom fahrender“ Volvo XC 90 sei ein „serienreifes Modell“. Wann (und ob) das serienreife Modell in Serie gebaut wird, darüber schwieg Volvo. Vielleicht geht es um eine Kleinserie, rein für Ubers Fahrdienst, an den sich die Schweden per Vertrag gekoppelt haben. Meine These: Die Leute bei Volvo, die sich mit Sicherheitstechnik und Silicon-Valley-Kultur gleichermaßen auskennen, haben den Deal von 2016 ausgiebigst verfluchen gelernt. Denn hier prallen Weltsichten aufeinander, die kaum weiter auseinander klaffen könnten.

Brogrammer, die Welten ändern wollen

Uber gehört zu den typischen Silicon-Valley-Firmen, in deren Brogrammer-Kultur jeder glaubt, man arbeite gerade an DER Weltänderung, die alle brauchen und daher zu Reichtum und Ruhm führen werde. Move forward. Break things. Diese Kultur zieht Menschen an, mit denen die meisten anderen Menschen eher nicht in den Urlaub fahren wöllten: introvertiert, aber überheblich. Unsicher, gleichzeitig aber arrogant. Datenverarbeitungsexperten, die dennoch am Datenverarbeiten scheitern, wenn es um wissenschaftlichen Konsens geht. 2017 schmiss Google ihren Mitarbeiter James Damore hinaus. Er sagte, er werde damit als männlicher Kaukasier diskriminiert (Googles Mitarbeitermehrheit ist weiß und männlich). Ich dagegen bin mir sehr sicher, er wurde gefeuert, weil er ein Misanthrop ist und ich schreibe nur „Misanthrop“, weil Chefredakteur Martin ungern Kraftwörter veröffentlicht.

Vielleicht könnte James bei Skandalnudel Uber eine Anstellung finden. Dort gilt auch: Wo Tensoren gehobelt werden, fallen halt auch mal Späne. Oder Menschen. Die Versuchsfahrzeuge, mit denen Uber unterwegs war, belegten die Schlagzeilen nicht durch die Güte ihrer Chauffeur-Software, sondern durch Unfälle, die jedes Mal aufzeigten, welche rücksichtslose Grundeinstellung gegenüber dem sozialen Miteinander im Straßenverkehr bei Uber herrscht.

Als Uber über eine Ampel fuhr und ein anderes Auto hineinkrachte, war Uber formal nicht schuld daran. Die Software wusste genau, wann die Ampel umschaltet und fuhr auf dem letzten Zehntel durch. Das machen Menschen auch. Die Polizei drückt ihnen für diese Rücksichtslosigkeit gern ein Gespräch auf, völlig zu Recht. Für eine Maschine gilt dasselbe: Im Zweifel lieber Rücksicht nehmen. Dieser Gedanke irrt jedoch im Silicon Valley einsam umher und sucht erfolglos eine kompatible Wetware, auf der er laufen könnte.

Fahrlässige Tötungsmaschine

Als Uber einen tödlichen Unfall produzierte, klafften in der Untersuchung wöchentlich neue Abgründe auf. Das Auto fuhr zu schnell für die Umstände. Das Sensor-Array erkannte die Frau, die illegal ihr Fahrrad über die Straße schob, sechs Sekunden vor dem Einschlag — mehr als genug Zeit, etwas zu tun. Bei 1,3 s vor dem Einschlag stellte das System korrekt fest, dass eine Notbremsung nötig sei. Notbremsungen waren aber deaktiviert in Ubers System. Der Mitfahrer sollte das erledigen. Innerhalb von 1,3 s sollte der also vom Bildschirm weg zur Vollbremsung reagieren. Absurd.