Abgeschminkt

Fahrbericht: Nissan Juke

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Nissan Juke 2020 12 Bilder
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Wolff, press-inform

Nissan – nicht in jedem Fall ein Aushängeschild progressiven Designs – ist mit dem ersten Juke eine polarisierende Ikone gelungen. Man mag die auffällige Gestaltung, oder man lehnt sie ab. Dazwischen ist kaum Raum, auch nach so vielen Jahren nicht. Auf der IAA 2019 stellte Nissan nun die zweite Auflage vor, die uns für eine erste Probefahrt zur Verfügung stand.

Gewachsen

Die einst spacigen Wülsten und Linien sind nun etwas dezenter. Insgesamt ist die zweite Generation des im britischen Sunderland gebauten Crossover voluminöser geworden. In der Länge ist er um 7,5 cm auf 4,21 m gewachsen. In der Breite hat er um 3,5 cm auf 1,8 m zugelegt und in der Höhe um 1,5 cm auf 1,6 Meter. Der Radstand wuchs auf 2,64 Meter. Das verschafft den Passagieren in der zweiten Reihe nun 5,8 cm mehr Kniefreiheit. Ein Kritikpunkt an der ersten Generation des Juke waren gerade die arg beengten Platzverhältnisse im Fond. Nun geht es dort zwar nicht fürstlich zu, aber deutlich erträglicher. Die Kopffreiheit wuchs um gut einen Zentimeter. Der Kofferraum bietet mit jetzt 422 Liter Fassungsvermögen – ein in dieser Klasse guter Wert. Die Laderaumöffnung ist größer als bisher, was die Befüllung des Gepäckabteils leichter macht.

Der Testwagen war hochwertig ausgekleidet, die Einlagen im Wildleder-Look sehen schick aus, stehen allerdings im Kontrast zu einigen sehr einfachen Kunststoffen rundherum. Wichtiger erscheint uns jedoch, dass man gut sitzt: Sie Sessel sind ausreichend fest und weit verstellbar – gerade Letzteres war bei Japanern in der Vergangenheit nicht immer so.

In der Mitte des Cockpits sitzt ein acht Zoll großes Display. Die Bedienung des Navigationssystems ist gewöhnungsbedürftig und die Nutzung der Bildschirmfläche verbesserungsbedürftig. Neue Highlights finden sich in diesem Bereich nicht. Dafür ist die Funktionalität ansonsten gut. Griffige Drehregler mit klarer Beschriftung, ausreichend große Tasten mit klarem Druckpunkt auf dem Lenkrad, dazu ein paar Ablagen vor und hinter dem Schalthebel – im Alltag findet man sich schnell und einfach zurecht.

Nur ein Antrieb

Bei den Motoren lässt Nissan im neuen Juke keine Wahl: Ein Dreizylinder-Turbobenziner mit einem Liter Hubraum bietet eine Leistung von 117 PS und ein maximales Drehmoment von 180 Nm, das zwischen 1750 und 4000/min. anliegt. Per Overboost sind kurzzeitig auch 200 Nm möglich. Höhere Ansprüche befriedigt die kleine Maschine nicht. Der Fahrer muss fleißig schalten, um sie bei Laune zu halten und selbst moderate Anstiege sind im sechsten oder selbst fünften Gang kaum möglich. Immerhin lässt sich das Schaltgetriebe knackig und auf kurzen Wegen bedienen.

Hinzu kommt eine spürbare Anfahrschwäche, die das aufpreispflichtige Doppelkupplungsgetriebe geschickt kaschiert. Nissan nennt 10,4 Sekunden im Standardsprint und 180 km/h Höchstgeschwindigkeit. Auch bei der Laufkultur setzt Nissan keine neuen Bestwerte. Bis hinein in mittlere Drehzahlen bleibt die Maschine noch halbwegs im Hintergrund, darüber hinaus wird sie schlicht laut.

Der neue Nissan Juke wird mit der Abgasnorm Euro 6d-Temp zu den ersten Kunden geschickt, ein Update auf die ab 1. Januar 2021 Pflicht werdende Euro 6d erfolgt erst im nächsten Jahr. Für diese Herangehensweise sollten die Hersteller großflächig die rote Karte bekommen. Noch ist der Verbrauch im NEFZ anzugeben, obwohl die Werte schon im WLTP ermittelt wurden. Nissan rechnet die neuen Werte auf die alte Norm um und nennt 4,9 für die Version mit Schalt- und 4,8 für die mit Doppelkupplungsgetriebe. Zur groben Einordnung: VW nennt für den T-Roc mit 115 PS 5,4 im NEFZ und 6,1 Liter im WLTP, Opel für den Crossland mit 130 PS 4,8 (NEFZ) und 6,1 Liter (WLTP).

Fair bepreist

Das Basismodell kostet 18.990 Euro und bringt unter anderem bereits Dinge wie Tempomat, USB-Anschluss und LED-Scheinwerfer mit. Der Kunde kann hier zusätzliches Geld nur noch für eine Metalliclackierung ausgeben, den Rest der Aufpreisliste sperrt Nissan für die Einstiegsversion. Der Wunsch nach Regensensor, Sitzheizung oder Klimaautomatik wird erst in den teureren Versionen erfüllt, zum Teil ach dort nur gegen Zuzahlung. Dennoch erscheint der Juke im Hinblick auf seine Qualitäten durchaus fair kalkuliert. Nur im Antriebsbereich sollte Nissan zügig nachlegen.

(chlo)