British Essentials

Britische Autogeschichte: Zwischen den Kriegen

Nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Autoproduktion Fahrt auf. In Großbritannien wurden legendäre Marken gegründet und weltweit erfolgreiche Kleinwagen gebaut. Teil 2 unserer kleinen England-Geschichte

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Bentley 3-litre 16 Bilder
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Großbritannien steht mit dem beschlossenen Brexit 2020 vor gravierenden Veränderungen. Das wird fraglos auch weitreichende Auswirkungen auf die traditionsreiche, britische Automobilindustrie haben. Wir widmen uns dieser in mehreren Teilen.

Großbritanniens Autoindustrie stirbt - Der englische Patient

Basics zur britischen Autogeschichte vor 1914

Die britischen Autogeschichte: Von 1945 bis heute

Im zweiten Teil englische Automobilgeschichte werden wir uns mit der Zeit zwischen den Weltkriegen befassen, die für die Automobilindustrie weltweit, insbesondere jedoch in Großbritannien, einen großen Aufschwung bedeutete. Auch hier gilt leider wieder, dass aus Platzgründen viele geniale Marken, Fahrzeuge und Details unter den Tisch fallen müssen.

Die Geburt von Bentley

Nach dem Ersten Weltkrieg profitierte auch die britische Automobilindustrie vom gesamteuropäischen Aufschwung des Automobilsektors. Im Londoner Stadtteil Cricklewood gründete 1919 Walter Owen Bentley die Bentley Motors Limited. Wie Lionel Martin aus der Callow Street war auch er zunächst Autohändler und Hobbyrennfahrer gewesen, der Rennfahrzeuge für den Eigenbedarf frisierte.

Allerdings gingen auch hier wieder Image und Leistungsfähigkeit der Produkte einerseits und wirtschaftlicher Erfolg in einer unseligen Schere auseinander. Die Bentleys wurden zwar schnell berühmt, aber nie rentabel. Die Firma war eigentlich immer pleite und musste 1931 schließlich endgültig unter den Hammer. Den Zuschlag sicherte sich der Konkurrent Rolls-Royce, der aber sein Gebot unerkannt über einen Strohmann abgegeben hatte.

Das englische T-Modell

In den 1920er-Jahren war die Zeit reif für die ersten Schritte in Richtung „Massenmotorisierung“. Tatsächlich waren allerdings auch Kleinwagen in dieser Zeit noch Luxusgüter für die Reichen und Schönen. Trotzdem lag ein großes Potenzial in kleinen Automobilen, die auch für leitende Angestellte, Rechtsanwälte und andere Besserverdiener erschwinglich waren. Herbert Austin traf hier 1922 mit der zweiten Generation des Austin 7 voll ins Schwarze.

Der spartanische, robuste und langlebige Kleinwagen mit etwa 10 PS und knapp 800 Kubikzentimetern Hubraum motorisierte nicht nur die britische Automobilindustrie. Europaweit wurden Lizenzversionen des Austin 7 produziert. Das deutsche Lizenzprodukt hieß Dixi und wurde in Eisenach gebaut. 1929 kaufte ein Motorrad- und Flugmotorenhersteller aus München diese Produktion. Aus dem Austin 7 war erst der Dixi und dann der erste BMW geworden. Der Austin 7 war eines der erfolgreichsten Fahrzeuge seiner Zeit und erhielt den anerkennenden Kosenamen „englisches T-Modell“.

Der erste exklusive englische Ford

Ford selbst hatte 1919 das Werk in Trafford Park vergrößert. 41 Prozent aller in Großbritannien zugelassenen Automobile waren in diesem Jahr Fords. Das Werk in Trafford Park wurde zunehmend zu klein. Außerdem suchte Ford einen besser erschlossenen Standort. Deshalb baute man 1929 ein neues Werk in Dagenham (Essex). Es lag östlich von London direkt an der Themse und war bei seiner Eröffnung 1931 das größte Automobilmontagewerk Europas.

In der Wirtschaftskrise war das Modell A aktuell (gleicher Name, aber nicht zu verwechseln mit dem Ur-Ford von 1903), das einigen noch aus der Serie „Die Waltons“ im Gedächtnis sein dürfte, deren Vorspann mit dem Hupen eines Modell-A-Pickups begann. Das Modell A erwies sich als zu groß und zu teuer für die schwierigen Zeiten. Deshalb wurde mit dem Modell Y erstmals ein spezielles Ford-Modell für Großbritannien mit 933 cm3 Hubraum aufgelegt. Es wurde ein Riesenerfolg und festigte Fords Stellung als größter Automobilproduzent Großbritanniens.

Von hoher Qualität, aber nicht rentabel

Vauxhall nahm nach dem Ersten Weltkrieg die Produktion des „Prinz-Heinrich-Wagens“ wieder auf, der in mehreren Generationen verbessert wurde. Dieser Wagen wurde zu einem Sinnbild für englische Sportwagenkultur. Die Marke Vauxhall hatte in den 1920er-Jahren einen ähnlichen Stellenwert wie Alfa-Romeo, Mercedes und Delage. Doch auch Vauxhall hatte Probleme, wirtschaftlich zu arbeiten. Die Produktion war zwar von hoher Qualität, aber nicht rentabel.