Mit Vollgas in die Sackgasse

Die IG Metall argumentiert, wer die Kaufprämie für Verbrenner ablehnt, gefährde massiv Arbeitsplätze. Eine merkwürdige Logik.

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Das musste ja so kommen. Kaum hatte sich die alte Tante SPD dazu durchgerungen, eine erneute Abwrack-Prämie für Autos mit Verbrenner-Antrieb abzulehnen, brach ein Sturm der Entrüstung los. Allen voran die Interessensvertretung der abhängig Beschäftigten, die Gewerkschaften.

Daimler-Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht meinte laut dpa, er selbst und auch seine Kollegen aus der Auto- und Zulieferindustrie seien "stinksauer". "Es rollt eine Rationalisierungswelle auf die deutsche Autoindustrie zu, die massiv an die Arbeitsplätze herangeht", sagte Brecht laut der Agentur. Die Branche habe in Wachstum investiert, nun drohten Überkapazitäten, die nicht drei oder vier Jahre lang überbrückt werden könnten.

Die „Rationalisierungswelle“ von der Brecht spricht, ist aber nicht die Folge einer Nachfrage-Delle auf Grund einer allgemeinen Rezession. Sie ist Folge der Strukturkrise in der Autobranche. Die wiederum damit zusammenhängt, dass die deutsche Autoindustrie sich in den vergangen 20 Jahren auf eine Technologie konzentriert hat, die sie am besten beherrschte, und die ihr maximale Gewinne eingebracht hat.

Wenn es nicht so tragisch wäre, könnte man dieses Beispiel schön nennen: Es ist ein "Innovators Dilemma" in Reinkultur. Die Platzhirsche der Branche lehnen neue Technologien zwangsläufig ab, weil diese a) zunächst nur Nischenmärkte bedienen und b) weniger ausgereift und damit weniger effizient sind als die etablierten Technologien.

Das geht so lange gut, bis sich entweder die Rahmenbedingungen ändern, oder der mittlerweile sprichwörtliche disruptive Innovator auftaucht, der die neue Technologie so weit entwickelt hat, dass sie die Alte überflügelt. Beides trifft auf die Autoindustrie zu. Es gibt innovative Konkurrenz und die politischen Rahmenbedingungen haben sich geändert.

Und was ist die Antwort der IG Metall auf diese Krise? Sie fordert Kaufprämien um den Absatz von Autos mit der alten Technologie noch einmal künstlich anzuheizen und den Gewinn der Autokonzerne so subventioniert in die Höhe zu treiben. Aber zu welchem Zweck? Hat Daimler nicht genug Geld, um Strukturwandel und Innovation zu stemmen? Die IG Metall argumentiert, wer die Kaufprämie für Verbrenner ablehnt, gefährde massiv Arbeitsplätze. Eine merkwürdige Logik. Das Gegenteil ist der Fall. Wer massive Überkapazitäten einer veralteten Technologie subventioniert gefährdet sie viel mehr.

Laut Selbstdarstellung setzt die IG Metall sich unter anderem für eine "eine soziale, demokratische und ökologische Wirtschaftsordnung und eine gerechte Gesellschaft in der Arbeits- und Lebenswelt" ein – kurz für ein "gutes Leben". Prosaischer ausgedrückt sind Gewerkschaften Selbsthilfevereinigungen der Beschäftigten zur Wahrung ihrer Interessen. Von Beutegemeinschaften mit dem Aufsichtsrat hat Niemand was gesagt.

(wst)