Halboffen: Fahrbericht Porsche 911 Targa 4S

Ein Porsche Targa ist aus Sicht von Cabrio- und Coupéfans nichts Halbes und nicht Ganzes. Genau das macht für bestimmte Kunden den Reiz des Bügelcabrios aus.

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Halboffen: Fahrbericht Porsche 911 Targa 4S

(Bild: Porsche)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff
Inhaltsverzeichnis

Seit einiger Zeit baut Porsche endlich wieder richtige Targas. Wie fährt sich ein solches halboffenes Modell auf Basis des hoch motorisierten 911 4S?

Mit der Elfer-Generation des Porsche 993 verkümmerte das herausnehmbare Targadach aus Komfortgründen zu einem gläsernen Schiebedach. Die überdimensionale Dachluke war in der ersten Generation nicht einmal uneingeschränkt dicht. Ein Problem, das bei den Nachfolgegenerationen 996 und 997 zwar nicht mehr auftrat, wer ein wirklich offenes Auto wollte, der entschied sich eben für ein 911 Cabriolet von Porsche – die meisten anderen für das Coupé mit oder ohne Schiebedach.

Fahrbericht Porsche 911 Targa 4S (12 Bilder)

Ein Porsche Targa ist aus Sicht von Cabrio- und Coupéfans nichts Halbes und nicht Ganzes, ...

Es bestand also Handlungsbedarf. In der vergangenen 991er-Generation gab es wieder ein echtes Targamodell auf Cabrio-Basis. Genauso sieht es beim aktuellen Elfer aus, denn auch beim 911 der Generation 992 sind Targa und Cabrio technisch weitgehend baugleich – allein das Stoffdach wird beim Targa durch ein zweiteiliges Dachkonstrukt ersetzt.

Auf Knopfdruck erhebt sich seine Glaskuppel der Heckscheibe, fährt nach hinten und verschluckt auf beinahe geheimnisvolle Art und Weise das Dach. So haben die beiden Insassen nach knapp 20 Sekunden ungestörten Blick nach oben und können – am besten bei heruntergelassenen Seitenscheiben – die Fahrt genießen. Ab Tempo 70 müssen sich die Targa-Fahrer zumindest akustisch mit den Verwirbelungen im Innenraum arrangieren, die sich in etwa so anhören, als ob man bei höheren Geschwindigkeiten die hinteren Seitenscheiben an einem Auto geöffnet hat. Nicht wirklich nervig, aber eben nicht so leise wie man in einem 911 Cabrio unterwegs ist.

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Unverändert ist der Porsche 911 Targa nur als Allradler zu bekommen. Obwohl der Targa 4 mehr als ausreichend motorisiert ist, wird der 4S trotzdem besser verkauft. „Das liegt daran, dass die Targa-Modelle neben dem Turbo besonders komplett ausgestattet sind“, erläutert Baureihenleiter Frank-Steffen Walliser. Dass Porsche seinen 911 Targa auf Wunsch auch mit der hier kaum mehr nachgefragten Handschaltung anbietet, sei der US-Kundschaft geschuldet, heißt es. Besser passt zum Targa jedoch das gut abgestufte Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe. Wer manuell in die Gangwahl eingreifen will, kann das über die Schaltpaddel ohnehin jederzeit tun. Die Sitze sind top, die Verarbeitung ebenfalls. Der analoge Drehzahlmesser bleibt wie ein Statement zum Motorsport in der Mitte der Instrumente.

Der aufgeladene Dreiliter-Boxermotor ist mit seinen 331 kW / 450 PS eine grandiose Besetzung für den Porsche 911 Targa 4S. Dank 530 Nm maximalem Drehmoment bietet der Targa 4S Fahrleistungen, die man bis vor wenigen Jahren allen vom Topmodell 911 Turbo / Turbo S her kannte. Aus dem Stand erreicht das Teilzeit-Cabrio in spektakulären 3,6 Sekunden Tempo 100 und fährt 304 km/h Spitze.

Doch auch mit dem kleineren 385-PS-Aggregat und seinen 450 Nm kann man sehr schnell und überaus ambitioniert unterwegs sein. Serienmäßig bieten beide Doppelkupplung, Allradantrieb und elektronische Dämpferregelung, deren Spreizung gerne noch etwas breiter sein dürfte. Jedoch hat nur der Targa 4S serienmäßig die elektronisch geregelte Quersperre an der Hinterachse, die gerade bei kurvenreicher Straße ein Gewinn ist. Eine ideale Ergänzung des exzellenten Fahrwerks und der präzisen Lenkung.

Während der Basis-Targa vorne auf 19-Zöllern und hinten auf 20-Zöllern rollt, ist der sportlicher positionierte Porsche 911 Targa 4S mit 20- / 21-Zöllern unterwegs. Ob das auf der Straße einen Unterschied macht, möchte man genau dort natürlich nicht ausprobieren. Kein Muss ist für Straßenautos die Keramik-Bremsanlage, die Porsche Sportfahrern anbietet.

Im gefahrenen Modell ist ein elektrisch schaltbarer Klappenauspuff montiert. Die Schöpfer des ersten Porsche 911 Turbo, Mezger und Fuhrmann, wären darüber entsetzt gewesen, denn damals galt gerade die beeindruckende Kombination aus erschreckender Kraft und überraschender Laufruhe als eine der größten Errungenschaften. Bei den heute Verantwortlichen scheinen die Verkaufszahlen über solchen Überlegungen zu stehen, schließlich ist die Porsche AG ja dem Shareholder Value verpflichtet.

Die Preise beginnen bei 128.486 Euro für den 911 Targa 4 und bei 143.956 Euro für den 911 Targa 4S. Mittlerweile hat der Porsche 911 – als Targa ebenso wie als Coupé oder Cabrio – auch bei den Sicherheits- und Fahrerassistenzsystemen deutlich nachgelegt. Erstmals gibt es nicht nur einen Abstandstempomat, sondern auch eine Bodenfreiheit, die sich für wiederkehrende Ein- und Ausfahrten frei programmieren lässt.

(fpi)