Erfahrungen im Audi RS6: Dr. Jekyll and Mr. Hyde
Auf den ersten Blick gibt der Kraftprotz die gehobene Limousine, mit der man getrost zur Oper fahren kann. Einmal von der Kette gelassen, zeigt der V10 aber, was ihn ihm steckt – 280 km/h sind ab Werk drin
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München, 30. Juli 2009 – Wer sich ein Hunderttausend-Euro-Auto leisten kann und will, wird sich kaum um so profane Dinge wie die Abwrackprämie kümmern – warum sich die Arbeit machen, einen alten, womöglich noch fahrtauglichen Wagen zu verschrotten, um nach einer bürokratischen Prozedur 2500 Euro zu kassieren, wenn dieser Betrag doch gerade zweieinhalb Prozent des Neupreises ausmacht? Da lohnt es doch mehr, noch ein wenig mit dem Verkäufer zu feilschen, dem man Interesse an Audis starker Limousine namens RS6 und die notwendige Bonität signalisiert hat. Doch möglich ist es: Man könnte einen neun oder mehr Jahre alten Knauserer vom Schlage eines VW Lupo 3L oder Audi A2 zur Schlachtbank führen, um sich die Anschaffung Ingolstädter V10-Boliden mit 580 PS zu erleichtern, der es ab Werk auf 280 km/h bringt.
Salonfähig
Immerhin: Seine enorme Kraft verbirgt der RS6 unter einem sportlich-dezent geschnittenen Anzug. Proll-Tuning mit Riesen-Spoilern und Ofen-Endrohren ist bei Audi nicht drin. Durch große Öffnungen rechts und links an der Front saugt der Sportler Atemluft und die wie an einer Kette aufgefädelten Tagfahr-LEDs am unteren Rand der Hauptscheinwerfer unterscheiden den Wagen von seinen zahmen Modellbrüdern. Die Seitenverbreiterungen kommen im Old-School-Stil des Ur-Quattro daher, und zwischen den Endrohren sitzt selbstredend ein Diffusor. Mit dem RS6 kann man (fast) überall vorfahren, ohne unangenehm aufzufallen.
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An den großen Lüftungsöffnungen unter den Scheinwerfern ist der Audi RS6 zu erkennen.
Großraum-Sportkabine
Die Kopfstützen sind in die Sitze integriert, so wie es sich für gutes Sportgestühl gehört. Die vorderen Sitze lassen sich auch im Seitenhalt für die Beinauflage und den Rücken verstellen, sodass sich für nahezu jede Größe und Gewichtsklase eine bequeme Einstellung findet. Doch gewöhnungsbedürftig ist, dass diese Rennsitze und das unten abgeflachte Alcantara-Lenkrad nicht in einer engen Kabine untergebracht sind. Schließlich hat der RS6 ebenso viel Innenraum zu bieten wie ein normaler A6. Mit anderen Worten: Auch hinten ist genug Platz für eine bequeme Landpartie.