DNA als Filmarchiv

Robert Grass ist Professor am Department für Chemie und angewandte Biowissenschaften der ETH Zürich. Er will große Datenmengen genetisch speichern.

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Netflix-Film "Biohackers".

(Bild: Netflix)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Karsten Schäfer

TR: Wie kam es dazu, dass Sie eine Folge der Netflix-Serie „Biohackers“ in DNA gespeichert haben?

Grass: Netflix ist über eine Agentur auf uns zugekommen. Die wollten gleich, dass wir das so umsetzen. Die haben sich offensichtlich damit beschäftigt, wie man etwas, das im Film vorkommt, in der Realität verwirklichen kann. Und da war das Speichern auf DNA wohl naheliegend.

(Bild: ETHZ)

Warum sollten ausgerechnet Sie das machen?

Gute Frage. Wir sind schon länger in dem Bereich der DNA-Datenspeicherung aktiv. Es gibt drei oder vier Forschungsgruppen, die sich sehr intensiv damit auseinandersetzen. Wir haben schon vor zwei Jahren ein Album der Musikgruppe Massive Attack in DNA gespeichert, was auch medienwirksam war.

TR 11/2020

Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 11/2020 der Technology Review. Das Heft ist ab 8.10.2020 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

Woran forschen Sie, wenn Sie keine Filme in DNA speichern?

Die Idee, dass man Daten in DNA speichern könnte, ist relativ alt, so aus den Sechzigern. Sobald man erkannt hatte, wie die Biologie DNA verwendet, kam relativ schnell die Idee auf, dass man das auch mit künstlichen Daten machen könnte. Und als sich dann die Technologie für das Schreiben und Lesen von DNA entwickelt hat, gelang es nach und nach, immer größere Datenmengen zu speichern.

Wir haben uns vor allem damit beschäftigt, wie man diese DNA haltbar machen kann. Denn die DNA wird zwar immer als sehr stabiles Speichermedium angesehen, weil sich DNA, die man in hunderttausend Jahren alten Fossilien gefunden hat, immer noch auslesen lässt. Aber wenn ich DNA im Labor herumstehen lasse, dann ist die in einem Jahr ziemlich unbrauchbar. DNA zerfällt meistens durch Oxidation mit der Luft oder Hydrolyse mit dem Wasser.

Was haben Sie dagegen getan?

Wir haben so etwas wie künstliche Fossilien entwickelt, in die wir die DNA einpacken. Wir schließen die DNA in kleine Glaskügelchen ein. Dazu lassen wir das Glas über Polymerisation rund um die DNA-Moleküle wachsen.

Was wäre denn das künftige Einsatzgebiet von DNA-Datenspeichern?

Das ist vor allem die Archivierung, etwa von Bibliotheksbeständen oder eben einem Filmarchiv wie bei Netflix. Die Datenmengen sind sehr groß, und die Haltbarkeit von DNA ist sehr hoch, wenn das Molekül erst einmal vor Sauerstoff oder Feuchtigkeit geschützt ist.

Welche Anwendungen gibt es noch?

Wir denken gerade in die Richtung, Objekte mit Informationen anzureichern. Im DNA-Code ließen sich etwa Hersteller, Herstellungsort und Art der Entsorgung abspeichern. Das wäre bei langlebigen Produkten wie Gebäuden oder Baumaterialien besonders vorteilhaft.

(bsc)