EEG-Novelle: Bundestag stimmt für mehr Mieter- und Solarstrom

Der Strom in Deutschland soll vor dem Jahr 2050 treibhausgasneutral sein, hat der Bundestag mit Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen.

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(Bild: TimSiegert-batcam/Shutterstock.com)

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Nach einer hitzigen Debatte hat der Bundestag am Donnerstag den Regierungsentwurf für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit Änderungen auf 320 Seiten verabschiedet. Mit der Initiative sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass der gesamte in Deutschland erzeugte und verbrauchte Strom vor dem Jahr 2050 treibhausgasneutral wird. Der Ausstoß von CO2 und anderen Klimagasen des Energiesektors soll bis dahin also netto auf null sinken.

Für das Vorhaben stimmten die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD. Die Opposition war geschlossen dagegen. Damit durch erneuerbare Energien im Jahr 2030 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs bereitgestellt werden können, sollen mit dem überarbeiteten EEG die Weichen gestellt werden. Das Parlament legt daher jährliche Ausschreibungsmengen für Wind an Land zwischen 2,9 und 5,8 Gigawatt (GW), für Photovoltaik zwischen 1,9 bis 2 GW und für Biomasse in Höhe von 500 Megawatt fest. Hinzukommen Solar- und Biomasse-Anlagen in der Festvergütung.

Die installierte Leistung bei Wind an Land soll sich von heute 54 GW auf 71 GW bis 2030 erhöhen, die von Photovoltaik (PV) parallel von 52 auf 100 GW. Die EU hat im Rahmen des Green Deal aber gerade die Klimaziele erhöht, sodass die Vorgaben für Ökostrom bis 2030 nicht mehr reichen dürften. Eine Debatte darüber verschob die Koalition aber auf das erste Quartal 2021, da sich die EU-Vorgaben noch ändern könnten.

Das Problem von Ökostrom-Pionieren, dass die bisherige, auf 20 Jahre begrenzte EEG-Hilfe in wenigen Monaten ausläuft und alte Anlagen so zu Tausenden vom Netz gehen könnten, will der Bundestag angehen. Sie sollen "übergangsweise" die Möglichkeit erhalten, den Strom weiter über den Netzbetreiber zu verkaufen und den Marktwert abzüglich der Vermarktungskosten der Vermittler zu bekommen. Letztere reduzieren sich der Vorlage zufolge, wenn die Anlagen mit intelligenter Messtechnik wie Smart-Meter-Gateways ausgestattet werden.

Die Förderkosten für die Erneuerbaren will das Parlament senken. So sollen etwa Höchstwerte in Ausschreibungen angepasst und die "Flächenkulisse" für PV-Freiflächenanlagen ausgebaut werden. Schwarz-Rot hat hier noch nachjustiert. So soll der Verbrauch von selbst produziertem Solarstrom – etwa auf dem eigenen Haus – erleichtert werden. PV-Dachanlagen zwischen 300 und 750 kW können entweder an Ausschreibungen teilnehmen und keinen Eigenverbrauch machen oder eine Festvergütung in Anspruch nehmen und einen Teil ihres Stroms selbst verbrauchen. Im ersten Fall bekommen die Inhaber nur 50 Prozent ihrer erzeugten Strommenge bezahlt.

Künftig wird zudem der Eigenverbrauch von PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 30 kW im Umfang von 30 MWh von der EEG-Umlage befreit. Zunächst sollte die Schwelle laut der Bundesregierung bei 10 kW und 10 MWh liegen. Schwimmende Solarstromanlagen und die gleichzeitige Nutzung von Flächen für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion und Photovoltaik (Agri-PV) sollen in Innovationsausschreibungen erprobt werden können.

Auch für Anlagen auf Mietshäusern sind Vereinfachungen geplant. Solcher Mieterstrom, der in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Abnehmer produziert und nicht über die öffentlichen Netze geleitet wird, ist von der Gewerbesteuer befreit und soll jetzt auch bei ganzen Quartieren möglich sein. Maßgeblich ist nun, dass der erzeugte Strom im Viertel verbraucht wird – nicht mehr nur im unmittelbar betroffenen Haus. Gemeinden, bei denen Windkraftanlagen gebaut werden, können zudem einen größeren Anteil am Gewerbesteueraufkommen erhalten.

Die Regierung wollte den Smart-Meter-Einbau verpflichtend machen, wenn Solarpanels mit einer Leistung von einen kW Strom erzeugen. Dieses Vorhaben hat Schwarz-Rot ausgesetzt. Das Bundeswirtschaftsministerium soll das weitere Vorgehen zunächst prüfen und Anpassungen gegebenenfalls in einer Verordnung vornehmen. Derzeit liegt die Grenze bei sieben bis 100 kW. Die Übergangsfrist für eichrechtskonforme Messeinrichtungen wird um ein Jahr verlängert. Damit soll gewährleistet werden, dass vor allem mittelständige Firmen die Vorgaben einhalten können.

Seit Jahren zahlen hunderte Konzerne wie Bayer, Daimler, Evonik und Henkel keine EEG-Umlage auf Strom, den sie aus gekauften und teils fiktiven Kohlekraftwerks-Anteilen beziehen. Sie beziehen sich dabei auf das "Eigenstromprivileg". Es gilt eigentlich nur für Firmen, die sich über eigene Energiemeiler versorgen. Eine Reihe dieser fragwürdigen Modelle, bei denen es insgesamt um hunderte Millionen oder sogar Milliarden Minus auf dem EEG-Konto geht, sollte eigentlich vor Gericht landen. Mit der Reform gibt es nun eine Amnestie für die Sparfüchse.

"Wir stärken den Markt und die Ausbauinitiative für die erneuerbaren Energien", gab Joachim Pfeiffer (CDU) als Losung aus. Auch die Digitalisierung der Energiewende komme voran, da Smart Meter im Verteilnetz Regel und Pflicht würden. Damit sollten mehr mehr lastabhängige Tarife ermöglicht werden. Der Wasserstoff solle "entfesselt" werden, kündigte Pfeiffer an. Die Elektrolyse werde von der EEG-Umlage befreit, wenn sie mit grünem Strom erfolge.

Die Abgeordneten hätten den Regierungsentwurf laut dem Motto "Parlamentarismus pur" massiv verbessert, betonte Matthias Miersch (SPD). Gerade für ältere Anlagen für die Erneuerbaren gäbe es nun Brücken. Die Akzeptanz von Windkraft werde weiter steigen, auch wenn die Genehmigungsverfahren weiter vereinfacht werden müssten. Das Ganze werde stärker zum "Mitmachprojekt": Jeder habe die Möglichkeit, mit dem breiten Mieterstromkonzept etwa von Solarenergie zu profitieren. Die Koalition wolle aber hier nicht stehenbleiben.