Sonne, Wind & Co.: "Unstetige Regulierung treibt die Kosten"

Es wird nicht reichen, Erneuerbare Energie allein günstig zu machen, meint Johannes Eckstein vom Fraunhofer Institut im Interview mit Technology Review.

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(Bild: Soonthorn Wongsaita/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Johannes Eckstein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI und Co-Autor der Studie „Decreasing costs of renewables – Implications for energy and climate policy“. Die untersucht wirtschaftliche und politische Hürden für Erneuerbare Energien anhand von drei internationalen Fallbeispielen.

Johannes Eckstein: "Das Ausbaupotenzial durch Geografie und Klima sind nicht die treibenden Faktoren."

(Bild: Tim Carmele)

TR: Wenn erneuerbare Energien günstiger werden als fossile Brennstoffe, sollte man meinen, dass sie zum Selbstläufer werden. Oft ist es aber nicht so. Warum?

JOHANNES ECKSTEIN: Wir haben Argentinien, Indonesien und Mexiko untersucht und dabei festgestellt, dass in allen drei Ländern ähnliche Aspekte die Erneuerbaren behindern: Zum einen gibt es technische Schwierigkeiten, etwa die Variabilität der Erneuerbaren durch das Netz abzufedern. Zum anderen treiben unstetige Regulierungen das Investitionsrisiko und damit die Finanzierungskosten hoch. Und in allen Ländern gibt es eine Industrie, die Interesse daran hat, fossile Energieträger weiter zu stützen.

Haben solche Faktoren einen größeren Einfluss als etwa das Klima in einem Land?

Ja, auf jeden Fall. Das Ausbaupotenzial durch Geografie und Klima sind nicht die treibenden Faktoren.

Inwieweit lassen sich diese Probleme auf andere Länder übertragen?

Im globalen Mittel ist es so, dass Erneuerbare auch einschließlich Finanzierungskosten günstiger sind als fossile Energieträger. Aber in vielen Ländern finden wir ähnliche Strukturen wie in den drei von uns untersuchten. Die freiwilligen Zusagen im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens werden oft völlig unabhängig davon gemacht, was tatsächlich geplant und gebaut wird. Es gibt in den wenigsten Ländern einen integrierten Energie- und Klimaplan, sondern oft unabhängige Planungsstränge, die sich vielleicht aufeinander beziehen, aber in der Praxis dann wenig miteinander gemein haben.

Je inkonsistenter die Politik, desto höher die Finanzierungskosten, desto unwirtschaftlicher die Erneuerbaren?

Ja, so ist es. Für Erneuerbare sind die Finanzierungskosten eine entscheidende Größe. Der politische Rahmen und die Regulierung des Marktes bestimmen den Risikoaufschlag mit.

Was hilft dagegen?

Sehr wichtig sind solide und langfristige politische Strukturen, die Risiken senken. Ein weiterer Punkt ist die Unterstützung, die fossile Energieträger durch politische Strukturen erfahren, etwa durch Subventionen oder mächtigen Lobbyismus. Diese Unterstützung muss zurückgefahren werden, damit sich die Erneuerbaren schneller durchsetzen.

TR 2/2021

Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 2/2021 der Technology Review. Das Heft ist ab dem 18.02.2021 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

Können Erneuerbare allein durch technische Verbesserungen so günstig werden, dass sie sich automatisch durchsetzen und solche administrativen Hürden überwinden?

Wenn die Kosten weiter sinken, wird die Kluft zwischen dem, was politisch geplant wird, und dem, was technisch möglich wäre, immer größer. Das steigert natürlich den Druck auf die Politik, auf die sinkenden Kosten zu reagieren.

(bsc)