Spannungsbogen: Wie fährt das Elektro-SUV Mercedes EQA?

Es hat lange gedauert, doch nun kommt das Elektroauto Mercedes EQA auf den Markt. Kann es in einem sich schnell verändernden Umfeld Akzente setzen?

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Mercedes EQA

Beim maximalen Ladetempo sind andere Hersteller schon etwas weiter als Mercedes im brandneuen EQA.

(Bild: press-inform)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Mercedes hat die Sache mit dem Spannungsbogen beim EQA wirklich weit getrieben: Zwischen einer ersten Studie und dem Serienmodell lagen gleich mehrere Jahre. Das Resultat ist gemessen daran vergleichsweise überraschungsarm, was nicht als Abwertung verstanden werden sollte. Denn der Mercedes EQA wird seinen Weg zum Erfolg ziemlich sicher finden. Eine erste Fahrt zeigt viele Stärken und nur wenige Schwächen.

Mercedes hat nicht versucht, mit einem sparsam ausgestatteten Basismodell den Einstiegspreis möglichst weit unten anzusiedeln. Der EQA 250 bringt eine Batterie mit einem Nettogehalt von 66,5 kWh mit, was im WLTP für 425 km Reichweite genügen soll. Damit liegt Mercedes ungefähr auf einer Höhe mit dem, was beispielsweise Kia in der großen Ausbaustufe des e-Niro anbietet.

Bei den Ladeoptionen bleibt Mercedes dagegen ziemlich zurückhaltend. An Wechselstrom sind 11 kW möglich, das Ladegerät ist dreiphasig. Damit entspricht es den Kriterien, für die auf der anderen Seite des Kabels gerade staatliche Subventionen verteilt werden. Denn die Wallbox-Förderung der KfW ist genau auf diese Rahmenbedingungen zugeschnitten. An Gleichstrom sind maximal 100 kW möglich – da sind andere Hersteller schon mindestens einen Schritt weiter. Der Hyundai Ioniq 5 zeigt mit seinen 800 Volt, wohin die Reise geht. Mercedes wird in dieser Hinsicht eher früher als später nachrüsten müssen.

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Der Elektromotor im EQA 250 leistet 140 kW und bietet ein maximales Drehmoment von 375 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit liegt wie in den meisten VW ID.4 bei 160 km/h. Auf unserer ersten Fahrt zeigte sich, dass es bis 140 km/h recht flott ging, darüber ließ der Elan spürbar nach – egal, in welchem der Fahrprogramme man unterwegs ist. Auffällig ist die sehr gute Dämmung. Selbst die Rollgeräusche dringen nur sanft durch, was für eine geschickte Abschirmung der Radhäuser spricht. Naheliegenderweise kommt diesem Bereich im E-Auto eine größere Bedeutung zu, weil der Geräuscheintrag "Motor" hier eine ungleich kleinere Rolle spielt als in einem Verbrenner.

Fahrbericht Mercedes EQA Design und Technik (11 Bilder)

Maximal 100 kW Ladeleistung bietet der Mercedes EQA.

Die Abstimmung des Fahrwerks ist komfortabel. Das passt ins Bild, weil auch der Antrieb keine sportlichen Ambitionen hat. Die Rückmeldung von der Lenkung ist etwas synthetisch, Mercedes hat hier Antriebseinflüsse heraushalten wollen. Immerhin müssen die Vorderräder die Antriebsleistung in diesem EQA allein auf die Straße bringen, eine Version mit Allradantrieb wird wahrscheinlich noch folgen. Die leichten Nick- und Wankbewegungen fallen im Alltags kaum ins Gewicht. Der Reisekomfort ist trotz etwas strammen Anfederns an gröberen Bodenunebenheiten über dem Klassenschnitt.

Das Platzangebot im EQA gleicht dem im Mercedes GLA, wobei der Kofferraum mit 340 Litern etwas kleiner ist. Die serienmäßigen Sitze sind bequem, gegen Aufpreis gibt es Massage und Belüftung. Dass Mercedes selbst für eine Sitzheizung ein Aufgeld verlangt, erscheint etwas verwegen, fügt sich aber ins Gesamtbild. Denn die Serienausstattung ist dürftig, und mit nur wenigen Haken erhebt sich der Basispreis von 47.541 Euro doch ganz beträchtlich.

Fahrbericht Mercedes EQA Innenraum (6 Bilder)

Das Armaturenbrett gleicht allen Modellen auf Basis der aktuellen Mercedes A-Klasse.

Immerhin hat Mercedes seine Kalkulation sehr bewusst auf die deutschen Förderbedingungen zugeschnitten: Der Nettolistenpreis liegt mit 39.950 Euro haarscharf unter der Grenze, bis zu der das Bafa den Höchstsatz an Förderung zahlt. Mit dem, was die meisten in diesem Segment mitbestellen, werden wohl auch nach Abzug aller Nachlässe mehr als 45.000 Euro auf der Rechnung stehen. Mercedes schnürt dafür gewiss ein attraktives Paket zusammen, gerade im Bereich Infotainment bietet die Marke zahlungsbereiten Kunden wirklich viel.

Andererseits ist die Konkurrenz hart: Sollte der Ioniq 5 insgesamt halten, was er verspricht, entsteht dort ein direkter, ernstzunehmender Gegner, mit dem sich Mercedes bislang nur am Rande beschäftigen musste. Im Stillen wird sich manch einer in Stuttgart vielleicht fragen, ob das mit dem so lange gedehnten Spannungsbogen wirklich eine brillante Idee war.

(mfz)