Laserfusion made in Germany

Fusionsreaktoren sollen Prozesse nutzen, die sich im Inneren einer Sonne abspielen. Das deutsche Start-up Marvel Fusion setzt nun auf die Kraft einer Supernova.

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(Bild: NASA)

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Fusionsenergie könnte eine saubere, verlässliche und nahezu unendliche Energiequelle werden - wenn die technischen Probleme für ihre Nutzung denn gelöst wären. Neben staatlich finanzierten Großforschungseinrichtungen arbeiten mittlerweile auch zahlreiche private Unternehmen an der Entwicklung von Fusionsreaktoren. Ein deutsches Startup will das Rennen mit einem bislang als exotisch gehandelten Konzept gewinnen: Der Laserfusion von Protonen und Bor, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe (jetzt am Kiosk oder online bestellbar).

In Livermore, Kalifornien, versuchen Forscher seit 2009, Laserfusion in einem Pellet mit Deuterium und Tritium zu zünden. Sie verwenden dazu den größten Laser der Welt: 192 Strahlen transportieren innerhalb von 15 Nanosekunden eine Energie von 4,2 Megajoule von allen Seiten auf ein nur wenige Millimeter großes Ziel. Bislang allerdings erfolglos.

Umso erstaunlicher, dass Marvel Fusion, ein kleines, deutsches Start-up, ankündigt, in zehn Jahren einen Demonstrator bauen zu wollen, der verwirklicht, was bisher nicht gelungen ist. Und mehr noch: Marvel Fusion will auch noch einen besonders schwierigen Pfad zur Fusion nutzen: Um Protonen und Bor zu verschmelzen, braucht es noch zehnmal höhere Temperaturen als für die Deuterium-Tritium-Fusion. Doch das Verfahren hat einen großen Vorteil: Bei einer Fusion von Bor-11-Atomen und -Protonen werden keine Neutronen frei sondern nur Alphateilchen. Die sind einfacher abzuschirmen, und lassen sich direkter zur Energieumwandlung nutzten.

TR 3/2021

Wie soll das nun gehen? Mit einem „hoch innovativen Ansatz“ sagt Karl-Georg Schlesinger, Mitbegründer und führender Wissenschaftler von Marvel Fusion. Ein extrem starker Laser feuert einen sehr, sehr kurzen Puls ab – fokussiert auf einen Fleck, der nur wenige Mikrometer Durchmesser hat. Das Target, das den Brennstoff enthält, ist „nicht einfach eine homogen gepresste Kugel sondern es besitzt eine sehr feine Nanostruktur auf atomarer Skala“, sagt Schlesinger. Die sorgt dafür, dass das durch den Laserbeschuss entstehende Plasma in einen „stark korrelierten“ Zustand versetzt wird, in dem die Fusion zwischen den Atomkernen durch den quantenmechanischen Tunneleffekt vereinfacht wird. Ein Prozess, der normalerweise in Supernovaexplosionen vom Typ 1A auftritt.

Tatsächlich ist es russischen Physikern bereits 2005 zum ersten Mal gelungen, solch eine Proton-Bor-Fusion mit Hilfe von Lasern im Labor zu zünden. Das klingt zunächst gut, ist jedoch nur die halbe Miete – gewissermaßen ein kleines Fusions-Flämmchen, das nach einigen Nanosekunden wieder erlischt, denn die bei der Fusion entstehenden Alpha-Teilchen fliegen auseinander und tragen ihre Energie mit sich aus dem System. Marvel Fusion will dieses Problem gelöst haben. Den finalen experimentellen Beleg kann das Unternehmen aber erst dann liefern, wenn das eigene Testzentrum mit dem dafür benötigten Hochleistungslaser steht. Das soll in drei bis fünf Jahren der Fall sein. (bsc)