US Supreme Court hebt Urteil zu von Trump geblockten Twitter-Accounts auf​

Nachdem Trump nicht mehr US-Präsident und sein Twitter-Account gesperrt ist, räumt das höchste US-Gericht den Fall ab und kassiert das Urteil der Vorinstanz.

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Donald Trump am Smartphone

(Bild: White House)

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Inhaltsverzeichnis

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat mit der Blockade einiger Twitter-Nutzer nicht deren verfassungsmäßige Rechte verletzt. In einem langjährigen Rechtsstreit zwischen der US-Regierung und Bürgerrechtlern hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten das Verfahren am Montag auf Antrag der beteiligten Parteien eingestellt und das Urteil der Vorinstanz aufgehoben (US Supreme Court, Nr. 20–197).

Als amtierender US-Präsident hatte Trump auf seinem privaten Twitter-Account @RealDonaldTrump rund einhundert Personen blockiert. Das Knight First Amendment Institute der Columbia-Universität und einige Betroffene hatten den US-Präsidenten im Juni 2017 verklagt, weil sie in der Blockade einen Verstoß gegen den ersten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten sahen.

Das Knight-Institut argumentierte, Twitter sei eine Art öffentliches Forum, in dem US-Bürger unter dem Schutz des ersten Verfassungszusatzes frei ihre Meinung äußern können müssten. Mitglieder der US-Regierung und andere Amtsträger hätten nicht darüber zu entscheiden, wer an diesem öffentlichen Forum teilnehmen und seine Kritik an Amtsträgern äußern könne.

In den Vorinstanzen hatten die Kläger damit zunächst Erfolg. 2018 folgte ein Bundesgericht in New York der Einschätzung, dass Trumps Twitter-Account als öffentliches Forum zu sehen sei, auch weil er den Kanal für offizielle Regierungsmitteilungen nutze und vom Social-Media-Team des Weißen Hauses betreiben lasse. Trump dürfe seine Kritiker zwar stummschalten, aber nicht blockieren, entschied das Gericht, weil sie so nicht mehr auf ihn reagieren könnten.

Während Trumps Amtszeit ging die US-Regierung weiter gegen das Urteil vor. In der Berufung hatte das New Yorker Urteil jedoch Bestand: US-Regierungsmitglieder dürfen andere Twitter-Konten nicht wegen kritischer Tweets oder Antworten blockieren und damit Retweets und öffentliche Antworten erschweren. Damit blieb dem US-Präsidenten noch der Weg vor den Supreme Court.

Kurz vor der Amtsübergabe an den neuen US-Präsidenten Joe Biden hatten alle Beteiligten den Supreme Court gebeten, den Fall einzustellen, weil er nach dem Personalwechsel im Weißen Haus gegenstandslos geworden sei. Zudem hatte Twitter Trumps Account im Januar nach den Unruhen am Kapitol in Washington auf Dauer gesperrt.

Den Anträgen der Beteiligten hat der Oberste Gerichtshof nun weitgehend stattgegeben und das Verfahren eingestellt. Entgegen dem Antrag des Knight-Instituts hat der Supreme Court dabei auch das Urteil der Berufungsinstanz aufgehoben. Während die obersten Richter in der Sache selbst keine Entscheidung treffen, entziehen sie das vorinstanzliche Urteil damit der Präzedenz. Im Fallrecht der USA dient es damit nicht mehr als Orientierung für andere Gerichte.

"Wir hätten es zwar begrüßt, wenn der Supreme Court die Entscheidung des Berufungsgerichts aufrechterhalten hätte, aber wir sind zufrieden, dass die Begründung der Berufungskammer bereits von anderen Gerichten aufgegriffen wurde", erklärte Jameel Jaffer, Direktor des Knight First Amendment Institute. "Wir sind zuversichtlich, dass dies dazu beitragen wird, die Nutzung sozialer Medien durch Amtsträger zu gestalten."

Bemerkenswert an dem Ausgang des Verfahrens ist auch die vom konservativen Supreme-Court-Richter Clarence Thomas zu Protokoll gegebene Einzelmeinung. Während Thomas die Entscheidung seiner Kollegen mitträgt, regt er eine etwas weitere Betrachtung der Rolle sozialer Medien an: Plattformen wie Twitter, Facebook oder Google hätten eine Gatekeeper-Funktion und übten damit zu viel Kontrolle über die öffentliche Meinungsbildung aus.

Die Gegenseite habe einen Punkt, dass Trumps Account in Teilen einem verfassungsrechtlich geschützten öffentlichen Forum ähnele, schreibt Thomas. "Dabei mutet es allerdings einigermaßen seltsam an, etwas als öffentliches Forum zu erklären, bei dem ein privates Unternehmen die unbegrenzte Macht hat, es abzuschaffen." Die Social-Media-Riesen seien wie Telefonnetze ein wesentliches Kommunikationsmittel und sie müssten auch so reguliert werden, um sicherzustellen, dass die Grenzen der freien Meinungsäußerung nicht von einigen wenigen Unternehmen gezogen werden können.

Bei Twitter und Konsorten stelle sich eine "grundsätzliche rechtliche Schwierigkeit, nämlich dass altes Recht auf neue digitale Plattformen anzuwenden nur selten eindeutig ist", schreibt Thomas. Damit unternimmt der Richter einen weiteren Anlauf in der US-Debatte über die Regulierung der großen Internetplattformen. In einer Stellungnahme zu einem anderen Verfahren hatte Thomas im Herbst 2020 angeregt, die Haftungsprivilegien für Provider und Plattformen enger auszulegen.

(vbr)