So will ein Startup die Lithium-Gewinnung umweltfreundlicher machen

Die Herstellung des Akkugrundstoffs aus Sole verbraucht viel Wasser. Doch es geht auch anders: Mit Ionen-Austausch statt Verdunstung und besonderem Tracking.

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(Bild: P5h / Shutterstock.com)

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Knapp 4000 Liter Wasser verbraucht die Extraktion des Lithiums für einen Akku mit 64 Kilowattstunden. Die Zahl nannte der Batterieforscher Maximilian Fichtner 2019 gegenüber dem Tagesspiegel. Klingt nach viel, entspricht laut Fichtner aber lediglich dem Wasserverbrauch für die Produktion von 250 Gramm Rindfleisch, 10 Avocados, 30 Tassen Kaffee oder einer halben Jeans. (Wobei diese Zahlen nur mit Vorbehalt zu vergleichen sind: Wasser ist in den Lithium-Gegenden des südamerikanischen Hochlands deutlich knapper als etwa bei der Rinderzucht in Schottland.)

Einen hohen Wasserverbrauch verursacht vor allem das Drittel des Lithiums, das nicht in Minen abgebaut, sondern aus Lithium-haltiger Sole in Südamerika gewonnen wird. Dabei wird die Sole aus dem Untergrund in große Verdunstungsbecken hochgepumpt. Das Problem dabei: Frisches Grundwasser aus dem Umland kann nachsickern, um die hochgepumpte Sole zu ersetzen. Dadurch sinkt in umliegenden Gegenden der Grundwasserspiegel.

Das kalifornische Start-up Lilac Solutions, das unter anderem von Bill Gates‘ Breakthrough Energy Fund und dem Engine Fund des MIT unterstützt wird, hat nun ein Verfahren entwickelt, Lithium aus Sole ohne großen Wasserverbrauch zu extrahieren. Es funktioniert per Ionen-Austausch mittels Salzsäure und einem anorganischen Adsorber.

Weitere Details nennt Lilac auf seiner Webseite nicht, aber das dahinterstehende Prinzip ist altbekannt: Man stellt winzige, mit einem Adsorber beschichtete Kügelchen her, füllt sie in eine Säule und lässt eine Sole durchsickern, die das gewünschte Metall-Ion enthält. Im Ausgangszustand sind die Bindungsstellen des Adsorbers mit Protonen (H+) gesättigt. Doch Metall-Ionen, die besonders gut auf diese Bindungsstellen passen – in diesem Fall Li+ –, können die Protonen dort verdrängen. Das Lithium bleibt sozusagen an den Kügelchen hängen.

Um das Lithium wieder freizusetzen, wird der Adsorber mit Salzsäure gespült. Dann verschiebt die erhöhte H+-Konzentration das Adsorptionsgleichgewicht am Ionentauscher wieder in Richtung der Protonen und verdrängt damit das Lithium wieder von der Oberfläche. Auf diese Weise wird der Adsorber regeneriert und kann erneut Lithium aus frischer Sole aufnehmen. Die Lithium-Ionen paaren sich mit dem Chlorid-Ionen aus der Salzsäure zu Lithiumchlorid, das sich dann auf herkömmlichen Wegen weiterverarbeiten lässt. Die Kunst dabei ist es, eine Struktur für den Adsorber zu finden, die spezifisch nur das gewünschte Ion abfängt, sich aber dennoch mit vertretbarem Aufwand wieder regenerieren lässt. Dazu hat Lilac fünf Patente angemeldet.

Zum Energie- und Ressourcenbedarf seines Verfahrens finden sich bei Lilac Solutions keine Angaben. Der australische Lithium-Produzent Lake Resources, der das Verfahren mit einer Pilotanlage im argentinischen Lithium-Dreieck getestet hat, schreibt aber, es werde „praktisch die gesamte Sole zurück zur Quelle geführt, ohne ihre chemische Zusammensetzung zu ändern (abgesehen von der Entfernung des Lithiums)“. In einer anderen Quelle findet sich die Zahl von 18 Tonnen Wasserverbrauch pro Tonne Lithium-Karbonat, dem Vorprodukt zur Akku-Fertigung. Zum Vergleich: Die Schätzungen für die konventionelle Verdunstungsmethode reichen von 400 bis 2000 Tonnen Wasser pro Tonne Lithium.

Lilac selbst schreibt, dass sein Verfahren die Investitions- und Betriebskosten reduziere, die Lithium-Ausbeute erhöhe, auch bei niedrig konzentrierter oder unreiner Sole funktioniere sowie schnell hochskaliert werden könne. Lake Resources hat eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen, wonach das neue Verfahren Kosten „am unteren Ende“ der herkömmlichen Sole-Verarbeitung verursache. Nun will Lake Resources die Anwendung des Verfahrens „beschleunigen“. Einen genauen Zeitplan nennt es aber nicht. Parallel dazu will auch die Lithium South Development Corporation, die ebenfalls in Argentinien aktiv ist, das Verfahren von Lilac testen.

Bleibt die Frage: Woher sollen Abnehmer und Kunden wissen, ob eine bestimmte Charge Lithium auf weitgehend umweltschonende Weise gewonnen wurde?

Auch dafür gibt es eine technische Lösung: Das Start-up Circulor mit Standorten in Cork, London und Berlin bietet eine Lieferkettenverfolgung von kritischen Rohstoffen wie Lithium und Cobalt per Blockchain an. „Traceability-as-a-Service“ nennt das Unternehmen dies. Dass die Daten der Lieferkette in einer Blockchain hinterlegt werden, ist dabei gar nicht das Entscheidende. Viel wichtiger ist, dass sie automatisch laufend auf ihre Plausibilität geprüft werden: Stimmen etwa die Daten zur Transport- und Verarbeitungsdauer mit den Erfahrungswerten überein? Und passen die Mengen zu dem, was technisch überhaupt möglich ist? Ab 2024 möchte der Lithium-Produzent Vulcan Energy Resources, der unter anderem Lithium aus Geothermie-Wasser des Oberrheingrabens gewinnen will, mit diesem Verfahren seine gesamte Lieferkette nachverfolgbar machen. (grh)