Bundestag: Öffentlicher Fuhrpark muss klimafreundlicher werden

Ein jetzt beschlossenes Gesetz gibt verbindliche Mindestziele bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für "saubere" und energieeffiziente Fahrzeuge vor.

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Auto, Verkehr, Stadt, Stau
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Mit den Stimmen der großen Koalition hat der Bundestag am Mittwoch einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem er die "Clean Vehicles"-Richtlinie der EU umsetzen will. Damit verknüpft sind Mindestziele bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für die Beschaffung von Straßenfahrzeugen, leichten und schweren Nutzfahrzeugen einschließlich Bussen, die als "sauber" energieeffizient definiert werden. Die AfD und die FDP waren dagegen, Linke und Grüne enthielten sich.

Für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge schreiben die Abgeordneten bis Ende 2025 einen Mindestanteil an sauberen, also emissionsarmen und -freien Fahrzeugen von 38,5 Prozent vor. Im Referenzzeitraum bis Ende 2030 gilt das gleiche Ziel. Bei Lkw sollen bis zum 31. Dezember 2025 zehn und bis Ende 2030 15 Prozent in diese Kategorie fallen. Für Busse sind bis zum ersten Stichtag Anteile von 45 Prozent und bis zum zweiten von 65 Prozent vorgegeben.

Ausgenommen von den Vorgaben sollen land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge, zwei- oder dreirädrige und bestimmte vierrädrige Kfz, Kettenvehikel sowie solche mit eigenem Antrieb sein, die speziell für die Verrichtung von Arbeiten – und nicht zur Güter- oder Personenbeförderung – geeignet, konstruiert und gebaut wurden. Dazu gehören vor allem Kfz für die Straßeninstandhaltung sowie für Winter-, Reinigungs- und Pflegedienste wie Schneepflüge und Kehrmaschinen, bei denen der Schwerpunkt auf Arbeitseinsätzen liegt.

Das Parlament hat gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung noch Ausnahmen hinzugefügt für Fahrzeuge, die hauptsächlich für den Einsatz auf Baustellen, in Steinbrüchen, auf dem Gelände von Häfen oder auf Flugplätzen entwickelt oder gebaut wurden. Unter sauberen Straßen- und leichten Nutzfahrzeugen sind laut der Richtlinie solche zu verstehen, die bis 2025 maximal 50 g/km CO2 emittieren. Bis 2030 sinkt der CO2-Wert auf 0 g/km. Für die anderen Klassen gelten Kfz dann als emissionsarm, wenn sie mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden. Darunter fallen Strom, Wasserstoff, Biokraftstoffe, synthetische und paraffinhaltige Kraftstoffe sowie Erd- und Flüssiggas.

Von der umzusetzenden Richtlinie soll vor dem Hintergrund ambitionierter politischer Ziele in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz sowie der Vorbildfunktion der Verwaltung ein Nachfrageimpuls nach emissionsarmen und -freien Straßenfahrzeugen ausgehen. Weiteres Ziel ist es, den CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich insgesamt zu senken. Für die Verwaltung des Bundes schätzt die Regierung die jährlichen Aufwände auf rund 1,3 Millionen Euro jährlich. Dazu sollen 2,4 Millionen einmalige Kosten innerhalb der ersten zehn Jahre kommen, bis die Quote erreicht ist.

Um deutlich mehr Geld geht es bei den Ländern und Kommunen, die mit jährlich 370 bis 540 Millionen Euro Mehraufwand zu rechnen haben. Die einmaligen Kosten sollen hier bei 1,62 Milliarden Euro liegen. Der Bundesrat drängte daher unter anderem darauf, dass der Bund den Ländern die Kosten weitgehend erstattet. Darüber will die Bundesregierung momentan aber nicht sprechen. Sie verweist darauf, dass der Bund über das Klimaschutzpaket allein 2021 den Ländern bereits unter anderem "Regionalisierungsmittel" in Höhe von rund 9,3 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Bis 2031 stiegen diese Gelder auf rund 11,3 Milliarden Euro an. Sie könnten etwa für die Beschaffung emissionsarmer Busse für den ÖPNV eingesetzt werden.

Christopher Gohl (FDP) erinnerte bei der finalen Aussprache daran, dass das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung für ihr Klimaschutzgesetz gerade ein glattes "ungenügend" ins Zeugnis geschrieben habe. Leider sei auch der debattierte Entwurf ein Beispiel für ineffiziente und kontraproduktive Klimapolitik in Form einer Überregulierung. Die Euro-Schadstoffklassen würden bereits effektiv Schadstoffe reduzieren, CO2 werde schon durch die Energiebesteuerung erfasst. Besser wären faire Wettbewerbsbedingungen. Dafür müsse der Verkehrssektor in den europäischen Emissionshandel integriert werden.

Mehr Geld und bundesweite Verantwortung für saubere Fahrzeuge in öffentlichen Fuhrparks forderte die Linke Sabine Leidig. Sie begrüßte es zwar grundsätzlich, dass die öffentliche Hand bei einer Antriebswende vorangehen solle. Es würden aber nur die Anschaffungskosten berücksichtigt, was die kommunalen ÖPNV-Unternehmen in Gefahr bringe. Es drohten weitere Betriebskostenerhöhungen etwa durch einen notwendigen Organisationsumbau, die die Verkehrsunternehmen nicht allein tragen könnten.

Der Grüne Stefan Gelbhaar zeigte sich dankbar für jeden Impuls aus der EU beim Klimaschutz. Die Einladung für eine "Chance für mehr" habe die Koalition aber ausgeschlagen. So laufe etwa das Förderprogramm für Elektrobusse aus. Schwarz-Rot habe zudem paraffinischen Diesel in den Gesetzentwurf geschmuggelt. Dieser sei noch gar nicht zugelassen, könnte höhere Emissionen produzieren und wäre dann sogar klimafeindlich. Dies widerspreche vehement dem Klimaschutzurteil. Ferner müssten die Quoten nun nicht mehr bei jedem Beschaffungsvorgang eingehalten werden.

Kirsten Lühmann (SPD) unterstrich: Das Argument der Industrie, dass es keine klaren Perspektiven für saubere Fahrzeuge wie Busse bei der öffentlichen Hand gebe, ziehe nun nicht mehr. Der parlamentarische Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger (CDU) erläuterte, dass bereits 1100 gasbetriebene und fast 900 elektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Busse in Deutschland unterwegs seien. Nun gehe es darum, die nächste Stufe zu zünden. Bei alternativen Antrieben werde Förderung noch einige Zeit nötig sein, es dürfe aber keine Dauersubventionierung geben. Die Bushersteller müssten jetzt im wahrsten Sinne des Wortes liefern.

(kbe)